Auf Lebensmitteln finden sich viele verschiedene Zeichen und Werbeaussagen rund ums Klima.
Wie ein bundesweiter Marktcheck der Verbraucherzentralen zeigt, bleiben diese jedoch häufig unklar und ohne nähere Erläuterungen. Die Verbraucherschützer fordern daher die Abkehr von nicht belegbaren Angaben wie „klimaneutral“ oder „CO2-positiv“. „Einheitliche, rechtliche Vorgaben für Klimaaussagen müssen schnell eingeführt werden“, sagt Bernhard Burdick, Leiter der Gruppe Markt und Konsum bei der Verbraucherzentrale NRW. „Solange es keine klaren gesetzlichen Vorgaben für CO2-Kompensation gibt, sollte Werbung mit der ,Klimaneutralität‘ eines Produkts, einer Dienstleistung oder eines Unternehmens verboten werden.“
Klima und Nachhaltigkeit sind vielen Menschen beim Einkauf wichtig. Das nutzen viele Unternehmen für sich und werben mit zahlreichen Werbeaussagen auf Lebensmitteln. Den Wildwuchs an Siegeln und Klimaaussagen zeigt auch ein Marktcheck der Verbraucherzentralen. „Wir haben allein das ‚Klimaneutral‘-Zeichen eines privaten Siegelgebers in sieben verschiedenen Varianten gefunden“, erklärt Bernhard Burdick.
Häufig unklar und ohne nähere Erläuterungen
Mit Klimaneutralität wurde auch am häufigsten geworben (53 von 87 Produkten). Aber Aussagen wie „klimaneutral“, „klimapositiv“ und „CO2-positiv“ können zu falschen Vorstellungen führen. „Aus Sicht der Verbraucherzentralen lassen sich solche Angaben oftmals nicht belegen“, sagt Burdick. „Sie sind für Verbraucherinnen und Verbraucher keine Hilfe. Meist stecken dahinter Ausgleichszahlungen in CO2-Kompensationsprojekte, deren Berechnungsgrundlagen fragwürdig sein können. Unternehmen sollten diese daher grundsätzlich nicht mehr verwenden dürfen.“
Bei einem Drittel der Produkte blieb unklar, auf was genau sich das Wer-beversprechen bezieht. „Aussagen wie ‚24% CO2-Reduzierung‘ sind nicht hilfreich, wenn nirgendwo angegeben ist, ob damit die Verpackung, die Herstellung oder das gesamte Produkt gemeint ist“, kritisiert der Lebensmittelexperte. Außerdem werde keine Vergleichsgröße genannt. Solche ergänzenden Erklärungen zur besseren Einordnung fehlten ebenfalls bei einem Drittel der Produkte. Häufig verwiesen die Unternehmen auf weiterführende Informationen im Internet (73 der 87 Produkte). Wesentliche Informationen zur Verständlichkeit von Klima- und CO2-Aussagen gehören jedoch aus Sicht der Verbraucherzentralen direkt auf die Verpackung.
Rechtliche Vorgaben dringend notwendig
Der Marktcheck mache deutlich, dass es ein gesetzliches, standardisiertes Regelwerk einschließlich eines entsprechenden Kontrollsystems für die Werbung mit Klima- und Umweltaussagen braucht. Das zeigt beispielsweise der Vergleich verschiedener Milchpackungen: Ein Produkt trug lediglich die Angabe „Klimaneutral“ mit Verweis auf „effektiven Klimaschutz“, ein anderes Produkt warb mit Aussagen und Erläuterungen auf allen Verpackungsseiten. Eindeutige Informationen lieferten diese jedoch auch nicht. Eine Einschätzung, welches der Produkte den größten Mehrwert für das Klima bringt, ist so für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht möglich.
Als vielversprechend werten die Verbraucherzentralen zwei Richtlinien zu Umweltaussagen, die die Europäische Kommission aktuell vorbereitet, um rechtliche Lücken zu schließen. Bis die Richtlinien umgesetzt werden und sich damit direkt auf Werbeaussagen auswirken, können jedoch noch Jahre vergehen. Unternehmen, die ihre Klimaschutzbemühungen deutlich machen wollen, sollten daher schon jetzt transparent und verständlich kommunizieren. „Die Werbung mit Klimaaussagen darf nicht dazu führen, dass Unternehmen Produkte besser darstellen als sie sind und Verbraucher:innen dadurch getäuscht werden. Die Menschen erwarten zu Recht, dass bei klimaneutralen Produkten Klima- und Umweltschutz auch berücksichtigt, und Klima-Emissionen nicht nur irgendwie und irgendwo mehr oder weniger kompensiert werden“, fasst Burdick zusammen. „Solange es keine klaren rechtlichen Vorgaben für Kompensation gibt, sollte Werbung mit ‚Klimaneutralität‘ daher verboten werden.“