Auf dem von ProFood und Freshfel Europe organisierten FRUIT LOGISTICA-Panel trafen sich europäische und internationale Verbände, um unter dem Thema ”PPWR Implementation = less sustainability and less internal market?” über die Verpackungsregulierung (PPWR) zu diskutieren. Sie forderten einen pragmatischen Ansatz und warnten vor der Gefahr einer Fragmentierung des Binnenmarktes.
Die Podiumsdiskussion beleuchtete kritische Fragen im Zusammenhang mit einem ideologischen Ansatz, der sowohl die ökologische Nachhaltigkeit als auch das Funktionieren des europäischen Binnenmarktes gefährdet.
Die Verabschiedung der PPWR, insbesondere das Verbot von Plastikverpackungen für Obst und Gemüse unter 1,5 kg, stand im Mittelpunkt der Diskussion. Nach Ansicht der Experten, die sich zu Wort meldeten, berücksichtigt die Verordnung nicht die Besonderheiten des Obst- und Gemüsesektors und birgt die Gefahr, dass die Produktqualität beeinträchtigt wird, die Lebensmittelverschwendung zunimmt und Verzerrungen auf dem europäischen Binnenmarkt entstehen.
Roberto Zanichelli, Vertreter von ProFood, eröffnete die Diskussion und wies darauf hin, dass die Interessenvertretung der Lieferkette noch nicht abgeschlossen und noch viel zu tun sei, um eine rationelle Umsetzung des PPWR zu gewährleisten. Zanichelli stellte die Ergebnisse der Studie Obst- und Gemüseprodukte und Primärverpackungen: eine Vorstudie über die Umweltauswirkungen vom Feld bis zum Tisch vor, die von der Abteilung für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften der Universität Turin durchgeführt wurde. Die Studie, die auf der Methode der Lebenszyklusanalyse (LCA) basiert, zeigt, dass rPET-Verpackungen eine bessere Umweltbilanz aufweisen als Karton, nicht nur in Bezug auf CO₂-Emissionen, Landverbrauch und Wasserressourcen, sondern auch bei der Reduzierung von Lebensmittelabfällen entlang der Lieferkette. „Man kann Nachhaltigkeit nicht angehen, ohne den gesamten Produktlebenszyklus zu berücksichtigen“, betonte Zanichelli. „Die Abschaffung von Kunststoffverpackungen ohne konkrete Alternativen kann zu mehr Abfall und einem insgesamt größeren ökologischen Fußabdruck führen.“
Umsetzung ist noch ungewiss
Anschließend zeichnete Joanna Nathanson, Leiterin der Abteilung Nachhaltigkeit und Außenbeziehungen bei Freshfel Europe, den langen Prozess der PPWR nach und hob hervor, dass ihre Umsetzung noch ungewiss ist. „Wir haben einen Wandel in der EU-Politik erlebt: Der Green Deal war ein sehr gutes Ziel, aber es mangelte an der Umsetzung“, erklärte sie. Sie fuhr fort, die Diskriminierung des Obst- und Gemüsesektors bei der Verpackung hervorzuheben, obwohl er nur einen kleinen Prozentsatz der gesamten Lebensmittelverpackungen ausmacht. „Wir müssen für eine Harmonisierung auf den europäischen Märkten und für Rechtssicherheit sorgen, um angemessene Investitionen zu ermöglichen“, fuhr sie fort und wies auf die erheblichen Kostenfolgen für Unternehmen hin, die ihre Produktionslinien von Kunststoff auf Papier umstellen müssen.
Massimiliano Del Core, Vizepräsident von Ortofrutta Italia, gab der italienischen Lieferkette eine Stimme. Er brachte die Sichtweise der Obst- und Gemüseproduktion und -verteilung ein und präsentierte Daten, die durch Fragebögen an Produktausschüsse gesammelt wurden. „Es geht hier nicht um einen Kampf zwischen Plastik und Papier, sondern um die Funktion, die die Verpackung für die Produktqualität und -sicherheit hat“, erklärte Del Core. „Ohne eine geeignete Verpackung wird die Haltbarkeit von Produkten drastisch verkürzt, was sich insbesondere auf den Export auswirkt. Für viele Produktkategorien ist die Verpackung nicht nur eine Wahl, sondern eine Notwendigkeit. Wir vertreten die gesamte Lieferkette, vom Erzeuger bis zum Einzelhandel, und sprechen mit einer Stimme, wenn es um Verpackungen geht.“ Seine Analyse zeigte, wie sich die Regulierung auf die gesamte Wertschöpfungskette, vom Erzeuger bis zum Endverbraucher, auswirken kann, was einen ausgewogeneren Ansatz erfordert.
Luc Vanoirbeek, Vorsitzender der F&V-Arbeitsgruppe von Copa-Cogeca, konzentrierte sich dagegen auf die Ausnahmelisten, die jeder Mitgliedstaat veröffentlichen soll, und wies auf die Gefahr einer Fragmentierung des europäischen Marktes hin. „Jedes Land wird seine eigene Ausnahmeliste haben: Wie lange wird es dauern, bis eine Lösung gefunden wird? Wir sprechen hier von einem Markt, der 27 Mitgliedstaaten bedient: Wenn jedes Land seine eigenen Ausnahmen ausarbeitet, wird der Binnenmarkt untergraben“, so Vanoirbeek. „Wir werden einen verzerrten Wettbewerb zwischen Herstellern und Händlern haben, mit negativen Auswirkungen auf die Lieferkette und den freien Warenverkehr. Die Industrieverbände bereiten sich bereits auf die Ausarbeitung von Ausnahmelisten vor und versuchen, diese so umfassend und homogen wie möglich zu gestalten, um den Schaden für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu verringern.”
Kosten überwogen den Nutzen
Zum Abschluss der Sitzung berichtete Daniel Duguay, Nachhaltigkeitsspezialist der CPMA (Canadian Produce Marketing Association), über die Erfahrungen in Kanada, wo die Regierung zunächst ähnliche Beschränkungen wie in der PPWR vorgeschlagen hatte, dann aber die Richtung änderte. „In Kanada haben wir begonnen, die angeblichen theoretischen Vorteile dieser Maßnahmen in Frage zu stellen“, erklärte Duguay. „Anhand einer datengestützten Analyse haben wir gezeigt, dass die Kosten den Nutzen bei weitem überwiegen, und die Regierung hat den Vorschlag zurückgezogen. Die Abschaffung von Kunststoffverpackungen ohne eine wirklich nachhaltige Alternative gefährdet die Lebensmittelsicherheit und die Kontinuität der Lieferkette. Der Unterschied liegt im Ansatz: Wir müssen über die Funktionalität von Verpackungen sprechen, nicht nur über die Materialzusammensetzung.” Der kanadische Ansatz, der auf einer konstruktiven Diskussion zwischen Industrie und Institutionen beruht, zeigt, dass es möglich ist, ökologische Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Effizienz in Einklang zu bringen, ohne strategische Sektoren wie Obst und Gemüse zu benachteiligen.
In der letzten Phase der Podiumsdiskussion wurde die Rolle des Einzelhandels deutlich: Verpackungen sind nicht nur eine Lösung für die Produktkonservierung, sondern auch ein strategisches Element bei der Verwaltung der Verkaufsflächen, der Warenrotation und der Produktpräsentation für die Verbraucher. Eine Reduzierung der Verpackung ohne praktikable Alternativen birgt das Risiko, die Qualität des Angebots zu beeinträchtigen und mehr Abfall in der Vertriebskette zu erzeugen.
Schließlich wurde auch die Notwendigkeit deutlich, die Verbraucher über den Wert von Verpackungen aufzuklären. Daniel Duguay wies darauf hin, dass 90 % der Funktionen einer Verpackung erfüllt werden, bevor der Verbraucher das Produkt im Regal sieht, und dass sie zum Schutz, zur Konservierung und zur Qualität von frischen Lebensmitteln beiträgt. Dies zu kommunizieren ist entscheidend, um der negativen Wahrnehmung von Verpackungen entgegenzuwirken und wirklich nachhaltige Lösungen zu fördern.
Die Veranstaltung endete mit einer klaren Botschaft: Die Obst- und Gemüse-Lieferkette wird sich weiterhin bei den europäischen Institutionen Gehör verschaffen, damit die Umsetzung des PPWR von einem ausgewogeneren Ansatz geleitet wird, der die Besonderheiten des Sektors und die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt.