Foto: Landvolk

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Allen Warnungen seitens der Landwirtschaft vor gravierenden negativen Folgen für den landwirtschaftlichen Bereich zum Trotz, erfolgte zum 1. Oktober 2022 die geplante Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro Bruttostundenlohn. Wie Landvolk Niedersachsen Landesbauernverband e.V. mitteilte , sei vor allem die Wirtschaftlichkeit der arbeitsintensiven Betriebe stark gefährdet.

„Gerade Betriebe mit Sonderkulturen, wie Beeren oder Spargel, sind vermehrt auf Handarbeit und Manpower angewiesen. Höhere Löhne werden nicht durch höhere Preise aufzufangen sein“, befürchtet Landvolk-Vizepräsident Ulrich Löhr. Zudem würden Landwirte bereits durch die vom Ukrainekrieg ausgelösten Kostensteigerungen massive finanzielle Belastungen erfahren, sodass weitere oftmals kleinere Betriebe diesem Kostendruck nicht standhalten könnten und aufgeben würden. Löhr erinnerte in diesem Zuge an die erste Mindestlohneinführung 2015. Diese hatte zur Folge, dass die Spreewaldgurken seitdem nicht mehr aus Deutschland kommen. Auch Niedersachsens Spargel- und Beerenanbauer halten diesen Spagat aus, stehen sie mit ihren Früchten in direkter Konkurrenz zum europäischen Ausland, wo es keinen Mindestlohn gibt. Importspargel und Importerdbeeren werden in Deutschland günstiger als heimische Produkte angeboten, weil die Löhne laut Vereinigung der Spargel- und Beerenanbauer Niedersachsen im Anbauland niedriger sind: In Italien gebe es keinen Mindestlohn, in Spanien liege der Mindestlohn bei 6,06 Euro pro Stunde, in Griechenland bei 3,83 Euro pro Stunde und in Ungarn nur bei 3,21 pro Stunde. Somit war dieser schon vor der Erhöhung in Deutschland mit 9,82 Euro pro Stunde mehr als das 1,5- bis 2,5-fache höher, heißt es weiter in der Mitteilung. Überzogene Preise seitens des Handels für regionale Ware hätten zudem zur Kaufzurückhaltung geführt: Kunden ließen deutsche Ware liegen und griffen zur Ware aus dem Ausland. Ein bitterer Vorgeschmack für die Spargel- und Erdbeererzeuger für die Saison 2023 mit dem neuen Mindestlohn von 12 Euro, der nur durch faire Preise finanziert werden kann. „Die Leute sollen für ihre Arbeit fair entlohnt werden. Gerade auch im Hinblick auf die steigenden Kosten für Energie und um unsere guten, in Deutschland produzierten Lebensmittel kaufen zu können. Wir Landwirte sind bereit, die Erhöhung mitzutragen, aber auch wir müssen unsere Preissteigerungen durch höhere Preise erwirtschaften dürfen“, zeigte Vize-Präsident Ulrich Löhr die Ambivalenz auf. Bei dem gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro brutto handelt es sich um eine verbindliche Lohnuntergrenze, d.h. kein Arbeitgeber ist berechtigt, dem Arbeitnehmer weniger als den gesetzlichen Mindestlohn oder den Branchenmindestlohn zu zahlen. Die Obergrenze für Minijobs steigt von 450 auf 520 Euro. Für Arbeitgeber besteht zudem eine Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeit. Bei Verstößen gegen das Mindestlohngesetz kann ein Bußgeld von bis zu 500.000 Euro verhängt werden.