Der französische Staatsrat hob am vergangenen Freitag wegen „wesentlicher Mängel“ das Durchführungsdekret zum Gesetz vom 10. Februar 2020 über den Kampf gegen Verschwendung und für die Kreislaufwirtschaft (das sogenannte Agec-Gesetz oder Loi Agec) auf.
Dieses Dekret sah vor, dass „ab dem 1. Januar 2022 jedes Einzelhandelsunternehmen, das frisches, unverarbeitetes Obst und Gemüse zum Verkauf ausstellt, verpflichtet ist, dieses ohne eine Verpackung, die ganz oder teilweise aus Kunststoff besteht, anzubieten. Diese Verpflichtung gilt nicht für Obst und Gemüse, das in Partien von 1,5 Kilogramm oder mehr verpackt ist, sowie für Obst und Gemüse, bei dem die Gefahr besteht, dass es beim Verkauf in loser Schüttung verdirbt, und dessen Liste per Dekret festgelegt wird.” - soweit die Bestimmungen des Loi Agec. Es gab also eine Liste, die genau aufzeigte, welches Obst und Gemüse weiterhin oder bis zu welchem Zeitpunkt in Kunststoff verpackt werden durfte.
Keine Info an die Kommission
Vorausgegangen war dieser Entscheidung ein juristisches Hin und Her: Das im Januar 2022 verabschiedete Loi Agec wurde im Dezember des gleichen Jahres vom Staatsrat annulliert. Daraufhin sollte ein neuer, “schärferer” Entwurf entstehen. Am 20. Juni 2023 hatte die Regierung dann überraschend ein neues Dekret verabschiedet - allerdings, ohne die die Europäische Kommission darüber in Kenntnis zu setzen. Zwei Gewerkschaften aus der Kunststoff-Verpackungsbranche gingen daraufhin in Berufung.
Warten hätte womöglich gewirkt
Am 8. November 2024 hat der Staatsrat nun den Verpackungsexperten Recht gegeben: Er urteilte, “dass die Regierung nicht bereits im Juni 2023 die gesetzlich vorgesehene Verordnung erlassen durfte, in der die Modalitäten für das Verbot von Plastikverpackungen für Obst und Gemüse festgelegt werden. Die Europäische Kommission hatte Frankreich aufgefordert, bis Dezember 2023 zu warten, da eine neue EU-Verordnung mit spezifischen Beschränkungen für die Verwendung bestimmter Formen von unnötigen Verpackungen verhandelt werde”, heißt es in der offiziellen Mitteilung des Staatsrates, der das Dekret aus Juni 2023 somit für nichtig erklärte.
Aufgabe der Regierung
Das Loi Agec über das Verbot von Kunststoffverpackungen sei mit dem Dekret, das die Ausnahmen regele, ein “untrennbares Ganzes”, findet die Gewerkschaft Elipso. “Ohne Dekret ist das Verbot nicht umsetzbar”, heißt es. Und jetzt? Es sei nun Aufgabe der Regierung, ein eventuell neues Dekret zur Umsetzung des Gesetzes vorher der Kommission zu unterbreiten und die vom EU-Recht vorgeschriebenen Fristen einzuhalten, bevor ein solches Dekret verabschiedet werde, so die Ansicht des Staatsrates.
Hohe Kosten für Vorbereitung auf die Umstellung
Für die Produzenten und andere Beteiligte entlang der Wertschöpfungskette hat dieses Hin und Her einen Preis, wie Claire Tillier auf reussir.fr berichtet. Erstens seien die Akteure bisher noch nicht zu 100 % zufrieden mit den Kunststoff-Alternativen, und zweitens seien konkrete Kosten entstanden: Die Vereinigung der Pfirsich- und Aprikosenproduzenten in Frankreich (AOP Pêches et Abricots de France) etwa habe 10 MIo bis 12 Mio Euro für den Wechsel auf Karton-Verpackungen ausgegeben, berichtet die Kunststoff-Vereinigung Plastalliance. Die drei Steinobst-Produzenten, die Mitglieder bei Plastalliance sind, bezifferten ihre Ausgaben auf 4 % bis 30 % ihrer Umsätze. Die Gewerkschaft plant, für besonders betroffene Mitglieder einen Schadensersatz zu fordern.