Die 2016 von Nicholas Chabanne gegründete Verbrauchermarke “C’est qui le patron“ (CQLP), die dem deutschen Pendant “Du bist hier der Chef” als Vorbild diente, hat das Ziel, mehr Obst- und Gemüseerzeugnisse im Sortiment aufzunehmen. Aktuell können Fragebogen ausgefüllt werden, die eine Aufnahme von Kirschen evaluieren.
Auslöser für die “Bewerbung” als erste Soli-Frucht war ein französischer Produzent, der sich an die Verbrauchermarke wandte. Es folgte ein Treffen auf seinem Betrieb, um aktuelle Herausforderungen im Anbau besser zu verstehen. “Innerhalb von zehn Jahren ist die [französische] Kirschenproduktion um 21 % und die Zahl der Erzeuger um 36 % zurückgegangen”, erklärt Elsa Satilmis, die bei C’est Qui Le Patron für die Obst- und Gemüsebranche zuständig ist. Beim Besuch der Obstgärten des proaktiven Produzenten Nicolas Laurent habe dieser vom Erneuerungsbedarf seiner Baumbestände erzählt und davon, dass 60 % seiner Produktion nicht zu einem fairen Preis entlohnt werde, denn den gebe es nur bei sehr großen Früchten mit Kalibern über 28 mm - diese machen jedoch nur ca. 14 % der Ernte aus. Ein Drittel der in Frankreich gekauften Kirschen stamme bereits jetzt aus dem Ausland, das sei ein “Warnsignal” für die Branche, so Satilmis. Als Reaktion auf die gemeinsame Bestandsaufnahme hat die Verbrauchermarke nun einen Fragebogen veröffentlicht, über den bis Anfang April die Konsumenten bewerten können, wie viel ihnen ein fairer Preis für die Produzenten wert ist. Denn diese hätten eine gerechte Bezahlung dringend nötig, um neue Bäume zu pflanzen und in nachhaltige Anbaumethoden zu investieren, so CQLP.
Kleiner Einsatz, große Wirkung
“Wenn man an problematische Verdienste der Obstproduzenten denkt, fällt einem der Kirschanbau nicht unbedingt als erstes ein”, räumt sie ein. Im Regal hätten Kirschen meist einen scheinbar höheren Preis, so dass man kaum glauben könne, dass die Produzenten Schwierigkeiten hätten. Dennoch verschwinde die Kategorie in Frankreich Schritt für Schritt, und den Landwirten fehle es an Lösungen, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. “Wir können das Schicksal dieser Familien noch ändern, die uns Jahr für Jahr qualitativ hochwertige Erzeugnisse aus Frankreich liefern”, betont sie. Der Einsatz sei dabei vergleichsweise gering: Laut Elsa Satilmis brauche es 60 Cent pro Jahr. “So viel müssten wir jedes Jahr auf unseren Kirschkauf drauflegen, um das Leben der Bauern zu verändern. […] So könnten die Erzeuger von ihrem Beruf leben, ihre Obstgärten erneuern, in umweltfreundlichere Methoden investieren und uns weiterhin….. ernähren!”
Erfolgreiche Soli-Marke
Medien bezeichnen die von Chabanne geschaffene Marke als den „größten Erfolg der vergangenen zehn Jahre im Bereich Lebensmitte-Marketinginnovation“, der Wert der Marke wird auf 10 Mio Euro bis 20 Mio Euro geschätzt. 2024 hatte CQLP 126 Mio Euro Umsatz und ein Wachstum von 11,8 % verzeichnet, heißt es im Fachmagazin LSA. Mitte Dezember hatte Nicholas Chabanne mitgeteilt, dass er alle Anteile seiner Unternehmen, einschließlich die Marke „C’est qui le patron“ (CQLP), an eine Stiftung zu übertragen werde, um das Geschaffene dauerhaft abzusichern. Mit seiner Entscheidung wolle er die Produzenten langfristig schützen und in Frankreich ein neues Unternehmensmodell, ein „Unternehmen der Teilhabe“ schaffen, so Chabanne weiter. Er betonte, dass dieses Vorhaben seit Langem geplant gewesen sei und dank der intensiven Arbeit seines Teams nun Realität werde. Auch seine drei Kinder hätten dazu beigetragen, indem sie sich bereit erklärt hätten, auf jegliche Erbschaftsansprüche zu verzichten, um die Gründung der Stiftung zu ermöglichen. Für die Marke CQLP bedeute dies, ergänzend zur bestehenden Kooperative, dass die Werte der Initiative „dauerhaft geschützt und unantastbar“ würden, indem sie im kollektiven Interesse der Stiftung verankert seien. Außerdem solle jegliche Form von persönlicher Bereicherung durch die transparente Verteilung des Mehrwerts ersetzt werden, sodass die positiven Effekte solidarischer Einkäufe sichtbar würden, erklärt Chabanne. Das dahinterliegende Projekt und seine Werte sollen nachhaltig geschützt werden, genau wie die beteiligten Produzenten, die so langfristig vom stabilen Rückhalt durch das Kollektivprojekt und das Engagement der Verbraucher profitieren könnten.
Zweites Obst-Projekt in den Startlöchern
Wie CQLP mitteilte, ist als zweites Projekt der Kategorie Frischobst nun auch ein Fragebogen für Äpfel online gestellt worden. “Wir setzen unsere Unterstützung für die Erzeuger von Äpfeln fort!”, postete Satilmis auf LinkedIn. Denn trotz der großen Beliebtheit - Äpfel belegen hinter Bananen Platz 2 bei Französinnen und Franzosen - seien die Apfelbauern in Schwierigkeiten. “Seit zehn Jahren verlieren wir in Frankreich jeden Tag 1,25 ha Anbauflächen für Äpfel. Angesichts des Wettbewerbs und der Alterung der Baumbestände finden sich die Landwirte in einem Teufelskreis wieder: Zu wenig Entlohnung verhindert eine Erneuerung der Baumbestände. Ältere Bäume produzieren wiederum weniger Äpfel, was noch weniger Einkommen bedeutet und zu potenziellen Rodungen führt, die nicht wieder als Anbauflächen genutzt werden”, lautet die Erklärung dazu auf LinkedIn. “Gemeinsam haben wir die Gelegenheit, 104 Anbaufamilien in der Alpenregion Haute Durance zu helfen, indem wir einen solidarischen Golden anbieten, der auf g.g.A.-Gebiet produziert wurde.” Der dazugehörige Fragebogen ist noch bis Juni geöffnet.