Bekannt ist das französische Gesetz, das seit dem 1. Januar 2022 gültig war, sicherlich vielen: Ab diesem Datum durfte in Frankreich kein Obst und Gemüse in Gebinden unter 1,5 kg noch in Kunststoff verpackt werden. Natürlich gab es dazu Ausnahmen; eine lange Liste der Produkte, die mittel- oder langfristig weiterhin in Kunststoff verpackt werden durften.
Ein loser Verkauf der aufgelisteten Ware würde zum vorzeitigen Verderb ebendieser führen, so die Begründung. Daraufhin wurde mehrseitiger Protest laut: Während die einen die kurzen Umsetzungszeiten monierten, beschwerten sich die anderen, dass überhaupt ein solches Gesetz erlassen wurde, noch dazu im Alleingang, ohne auf eine Entscheidung der EU zu warten, wo bekannterweise ebenfalls an entsprechenden Regeln gearbeitet wurde, und wieder andere beklagten die für sie deutliche Willkür dieser LIste.
Nachdem u.a. französische Kunststoffverbände vergangenen Herbst Klage einreichten, wurde das Dekret am 9. Dezember 2022 vom französischen Staatsrat gekippt - wir berichteten u.a. hier darüber. Daraufhin folgten Konsultationen zum zweiten, im Januar 2023 vorgestellten Entwurf, der letztendlich in eine neue, dritte Verordnung mündete, die von der französischen Regierung Ende Juni veröffentlicht wurde. In Kraft getreten ist die Verordnung bereits am 1. Juli, doch bis zum 31. Dezember 2023 können Verpackungsbestände aufgebracht werden.
Dauerhafte Ausnahmen der Verbotsverordnung
Die Liste der dort erwähnten Ausnahmen hat sich gegenüber den vorherigen Fassungen nicht großartig verändert - neu ist jedoch, dass diese Produkte keine Übergangsfristen mehr haben, sondern dauerhaft in Kunststoff verpackt werden dürfen. Zu diesen ständigen Ausnahmen gehören:
- Spargel, Brokkoli, Champignons, Frühkartoffeln, Früh- und Babymöhren
- Chicorée, Salat, Feldsalat, gekeimte Samen/Sprossen/Microgreens, Kräuter, Spinat, Sauerampfer, essbare Blüten
- Kirschen, Beeren (z.B., Him-, Erd-, Heidel-, Brom- Johannisbeeren, aber auch Kiwibeeren)
- Generell “reife Früchte”, wobei das Gesetz spezifiziert: “Früchte, die dem Endverbraucher bei voller Reife verkauft werden und auf deren Verkaufsverpackung ein entsprechender Hinweis angebracht ist.”
Gemischte Gefühle
Bérangère Couillard, französische Staatssekretärin für Umweltschutz, twitterte zur Bekanntgabe: “Ich habe mich dafür eingesetzt, und es ist vollbracht: Die Verordnung, die das Verbot von Kunststoffverpackungen für Obst und Gemüse wieder einführt, wurde heute veröffentlicht.” Damit bekräftige die französische Regierung ihr Bestreben, unnötigen Kunststoff aus dem Alltag zu verbannen, so Couillard. Und sammelt unter dem Tweet jede Menge zweifelnde Kommentare, darunter auch von hochrangingen Vertretern der Branche: “Da sollten wir uns zwei Fragen stellen. Erstens: Wird das die Menge an Kunststoff in den Lebensmittelregalen senken? Und wird es den Konsum von O+G ankurbeln? Die Antwort lautet: Nein. Und wie soll man dann noch erklären, dass man Europäer ist, wenn man die gemeinsamen Regeln ablehnt?” kommentierte Daniel Sauvaitre, Präsident der Vereinigung der französischen Erzeugerorganisationen von Äpfeln und Birnen ANPP, die euphorische Nachricht. Derweil befänden sich verarbeitete und hochverarbeitete Lebensmittel im Wachstum, “gut durch Kunststoffverpackungen geschützt. Schade, oder?”, so Sauvaitre zynisch. Auch Interfel-Präsident Laurent Grandin äußerte sich zur Umsetzung: “Dies ist die dritte Verordnung zu diesem Thema, während eine europäische Verordnung, die für alle verbindlich sein wird, derzeit verhandelt wird. Es besteht das Risiko, dass eine Branche in die falsche Richtung investiert - und was ist mit der Unterstützung und den Garantien, wenn dies geschieht?”, fragte er in die digitale Runde.
Sicher ist, dass nichts sicher ist.
Die europäische Kommission hatte Frankreich bereits im vergangenen Jahr daran erinnert, dass auch die Neufassung nicht endgültig sein könnte: “Die Kommission möchte die französischen Behörden auch daran erinnern, dass die Mitgliedstaaten nach der Verabschiedung der Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle nicht in der Lage sein werden, nationale Vorschriften zu den Fragen, die von den harmonisierten Vorschriften im Rahmen dieser Verordnung abgedeckt werden, beizubehalten oder einzuführen”, hieß es damals aus Brüssel.