Zur Eröffnung der Interpoma wurden die Zahlen zur diesjährigen Apfelernte in Europa aktualisiert. Zunächst gab Philippe Binard von der World Apple and Pear Association (WAPA) einen Überblick. Die geschätzte Gesamternte in der EU beläuft sich demnach auf 12.201.000 t. Polen ist mit 4.750.000 t das führende Erzeugerland und liegt damit über dem Niveau der letzten Saison, gefolgt von Italien mit 2.054.000 t und Frankreich mit 1.391.000 t.
Alessandro Dal Piaz, der Direktor des Verbandes italienischer Apfelproduzenten Assomela, über die Situation in Italien: „Die Gesamtproduktion in Italien entspricht ziemlich genau der der letzten beiden Saisonen. Während die Mengen in Südtirol und im Trentino im Vergleich zu den Vorjahren leicht zurückgegangen sind, haben Venetien und Piemont dies mit einem leichten Anstieg kompensiert, auch wenn ein großer Teil dieser Äpfel direkt für die Verarbeitung bestimmt sind. Seit Mitte September konnte ein Teil der Ernte von der guten Witterung profitieren und eine gute Fruchtqualität in Bezug auf Farbe und Geschmack erreichen.“
Die Zahlen zum drittgrößten Apfelland in Europa, Frankreich, präsentierte Pierre Venteau, Dirketor der ANPP Association National Pommes Poires: „Anfang Juli waren die Erwartungen an die Ernte sehr hoch, man erwartete einen erheblichen Zuwachs. Stattdessen kam es aufgrund der Hitzewelle zu einem drastischen Rückgang, so dass wir unsere Prognosen revidieren mussten. Die Qualität der Früchte blieb jedoch gut, mit einem sehr guten Zuckergehalt bei vielen Sorten.“
Polen war durch WAPA-Präsident Dominik Wozniak vertreten. Dieser bestätigte, dass z.B. die gestiegenen Kosten auch vor Polen nicht halt machten. Die Produktionszahlen seien „sehr positiv“, allerdings werde „dieses Jahr den Produzenten als eines der schwierigsten in Erinnerung bleiben“, so der Präsident. „Schon zu Beginn der Ernte war klar, dass nicht alle Äpfel gepflückt werden würden, da es an Arbeitskräften mangelte. Viele der Saisonarbeiter in Polen kommen aus der Ukraine, die wegen des Krieges nicht anreisen konnten. Zusätzlich zogen es viele Landwirte vor, die Äpfel direkt zur Verarbeitung zu liefern und dafür einen geringeren Erlös in Kauf zu nehmen, anstatt die Kosten für die Lagerung der Äpfel für die nächsten Monate zu tragen“, erläuterte Wozniak die Lage in Polen.
Weitere aktuelle Daten zur italienischen Apfelernte wurden letzte Woche auch vom Verband der italienischen Apfelerzeuger Assomela veröffentlicht. Die italienische Bruttoernte liegt bei 2.053.586 t, gleichauf mit der aus 2021, also geringfügig geringer als noch im August angenommen. Die Tafeläpfel für den Frischverzehr werden mit 1.761.544 t geschätzt. Ein überdurchschnittlich hoher Anteil könne in diesem Jahr nicht als Tafeläpfel verkauft werden, vor allem Gala und andere frühe Sorten, die besonders unter den Auswirkungen der Hitze zu leiden hatten. Spätere Sorten und Äpfel aus Hügellagen hätten dabei qualitativ Vorteile. Bioäpfel erzielen in Italien einen neuen Produktionsrekord und werden voraussichtlich 220.000 t überschreiten. In den einzelnen Regionen verlieren Südtirol (-9 %) und Trient (-8 %) Anbauflächen gegenüber 2021. Bei der Menge erobert der Piemont mit über 240.000 t den zweiten Platz nach der Region Trentino-Südtirol. Bei Sorten beobachte man einen deutlichen Rückgang von Golden Delicious auf 599.904 t, auch Gala liegt leicht unter 2021. Red Delicious befinde sich hingegen im Wachstum, Granny Smith ebenfalls, wohingegen Fuji in etwa mit dem Vorjahr vergleichbar ist. Besonders stark seien die Mengen für Cripps Pink und neue Sorten angestiegen, wobei letztere 180.000 t erreichen. Wie bereits zuvor erwähnt, gelten auch für Italien das Risiko fehlender Arbeitskräfte und die Überlegung, Äpfel mit niedrigeren Qualitäten gar nicht erst einzulagern, um hohen Energiekosten zu entgehen. Dadurch könne es in den nächsten Wochen eine positive Entwicklung für qualitativ hochwertigere Äpfel geben. Nichtsdestotrotz blieben die hohen Kosten, die nicht nur die Energie, sondern die Produktion ganz allgemein inklusive Verpackungsmaterial betreffen, ein Grund großer Besorgnis für die Landwirtinnen und Landwirte, stellt Assomela abschließend fest.