Am 13. März wird das EU-Parlament über die Einigung mit dem Rat und der Kommission zur Novellierung der so genannten LULUCF-Verordnung abstimmen. Die Verordnung regelt die Anrechnung von CO2 aus Grünland, Ackerland und Wäldern in der EU-Klimapolitik. Darin soll festgeschrieben werden, dass der Bereich Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft, der im Englischen als „LULUCF“ abgekürzt wird, im Jahr 2030 Treibhausgase in Höhe von 310 Mio t CO2 EU-weit binden soll. Für Deutschland sieht die Verordnung vor, dass Wälder und Landwirtschaftsflächen 30,8 Mio t CO2 binden sollen. Verbände der Landnutzer appellieren vor der Abstimmung im EU-Parlament für wissenschaftsbasierte und realistische Ziele für Treibhausgassenken.
Prof. Dr. Andreas Bitter, Präsident der AGDW – Die Waldeigentümer, erläutert: „Die CO2-Bindung des deutschen Waldes wird aufgrund des Alters der Bäume, aber auch durch klimawandelbedingte Schäden und den Waldumbau, in den nächsten Jahren zurückgehen. Dies wird dazu führen, dass sich die Klimabilanz des LULUCF-Sektors insgesamt verschlechtert und die von der EU angestrebten Ziele für natürliche Treibhausgasbindung nicht erreichbar sind. Die Ziele sind weder wissenschaftsbasiert festgelegt noch realistisch. Dies zeigen auch die Projektionen der Bundesregierung und der EU-Kommission selbst.“ Laut Projektionsbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2021 wird der LULUCF-Sektor im Jahr 2030 eine Treibhausgasquelle von rund 22 Mio t CO2 darstellen und damit eine Lücke zum Ziel der EU von rund 50 Mio t CO2 aufweisen.
Max von Elverfeldt, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst, warnt: „Die Ziele der EU würden bedeuten, große Teile des Waldes aus der Nutzung nehmen zu müssen, weil die EU einseitig die Kohlenstoffbindung im Wald und zu wenig die Nutzung der Ressource Holz berücksichtigt. Als Folge davon stünde weniger heimisches Holz zur Verfügung. Die Bioökonomie würde ausgebremst und der Ersatz energieintensiver Materialien wie Stahl und Zement oder fossiler Energieträger beeinträchtigt. Anstatt unsere heimischen Ressourcen zu nutzen, müsste Holz aus Drittstaaten importiert werden und würde zu zusätzlichen Transportemissionen und Verlagerungseffekten führen.“ Elverfeldt verweist darauf, dass bereits der wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik beim BMEL vor Verlagerungseffekten aufgrund unrealistischer CO2-Senkenziele gewarnt hatte.
Der Vorsitzende des Bundesverbandes Bioenergie, Artur Auernhammer, kritisiert, dass lediglich die CO2-Bindung im Landnutzungssektor berücksichtigt werden soll: „Mit der absehbaren Zielverfehlung für die CO2-Senken im LULUCF-Bereich drohen Strafzahlungen in Milliardenhöhe für Deutschland, aber auch für andere EU-Mitgliedsstaaten. Der Landnutzungssektor wird die für Klimaneutralität erforderliche Treibhausgasbindung nicht alleine leisten können. Anstatt Wälder aus der Nutzung nehmen zu müssen, sollten wir auf eine nachhaltige Nutzung der heimischen Biomasse setzen: Die Bioenergie in Kombination mit dem Abscheiden und Speichern von CO2 aus den Rauchgasen bietet nicht nur die Möglichkeit, erneuerbare Energie bereitzustellen, sondern auch auf technischem Wege eine CO2-Senke zu schaffen oder grünes CO2 für den Einsatz in der Bioökonomie zu liefern.“ Das in Fachkreisen als „BECCS“ bezeichnete Verfahren – Bioenergy with Carbon Capture and Storage – wird beispielsweise bereits vereinzelt bei Holzheizkraftwerken eingesetzt, muss aber laut Weltklimarat IPCC deutlich ausgebaut werden, um die für Klimaneutralität benötigten Mengen an CO2-Senken bereitzustellen.
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, sieht in der Kohlenstoffbindung in Wäldern und landwirtschaftlichen Böden einen sehr wichtigen Beitrag auf dem Weg zur Klimaneutralität: „Das Carbon Farming, also der Humusaufbau oder die Einbringung von Pflanzenkohle bietet große Chancen. Die hierüber erzielten Bindungsleistungen müssen aber vorrangig dem Sektor Landwirtschaft gutgeschrieben werden, nicht der Energiewirtschaft oder der Industrie. Eine besondere Herausforderung ist die Minderung der CO2-Emissionen aus Mooren, hier brauchen die Landwirte realistische und wirtschaftlich interessante Angebote für Nutzungsänderungen. Wichtig ist deshalb, dass die jetzt zur Abstimmung anstehende LULUCF-Verordnung rechtzeitig vor 2030 einer kritischen Prüfung unterzogen wird und die Ziele dann basierend auf aktuellen und wissenschaftlich fundierten Daten angepasst werden“, so Bauernpräsident Joachim Rukwied. DBV