Das Thema Verpackung wird immer drängender für die deutschen Pilzproduzenten. Das wurde auch auf der Jahrestagung des Bundes Deutscher Champignon- und Kulturpilzanbauer (BDC) e. V. am 27. September 2024 in Lohne deutlich.
Der Vorsitzende Hans Deckers sprach von einer „Mammutaufgabe“, die mit dem Inkrafttreten der neuen EU-Verpackungsverordnung im kommenden Jahr zu bewältigen ist. Das Ziel, das die Europäische Union mit der geplanten EU-Verpackungsverordnung (EU-VerpackV) 2025 verfolgt, ist eindeutig: weniger Verpackungen, mehr Wiederverwendung und Recycling. Die Konsequenzen daraus sind für die Pilzproduzenten schwierig zu bewältigen. Mit dem Inkrafttreten der neuen EU-Verordnung „Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR)“ werden Einwegverpackungen für frisches Obst und Gemüse mit einem Gewicht unter 1,5 kg ab dem 1. Januar 2030 verboten sein.
Expertenwissen zum Thema Verpackung
„Es kommt was auf uns zu“ – mit diesen Worten kommentierte Hans Deckers die Ausführungen zum Thema Verpackung auf der BDC-Jahrestagung. Drei Experten aus der Verpackungsbranche hatten einen aktuellen Einblick in die Thematik gegeben und die rund 150 Teilnehmer der Tagung über vorhandene Möglichkeiten und zu erwartende Entwicklungen informiert: Holger Jentschke, Key Account Manager für Deutschland bei Saica Flex UK Limited, Marco Conen, Vertriebsleiter bei Magic Pack Deutschland sowie Sustainability Manager Davide Masini von der Gruppo Happy.
Mit der Vorstellung von Saica Flex gab Holger Jentschke einen idealen Einstieg ins Thema Verpackungen. Die Saica Gruppe ist ein international tätiges Unternehmen mit Standorten in 11 Ländern und über 10.000 Mitarbeitern. Die Unternehmensgruppe bietet neben dem Recycling von Papier und LDPE (Low-Density Polyethylen) auch Verpackungen aus recycelten Kartonagen sowie Papiere an, die komplett aus wiederverwertetem Material bestehen und selbst zu 100 % recycelfähig sind. Saica Flex ist die flexible Sparte der Saica Gruppe und stellt dem Namen entsprechend flexible Verpackungen und Etiketten aus Folien, Verbunden und Papier her.
Strenge Anforderungen an die Recycelfähigkeit
Die Recycelfähigkeit ist ein wichtiger Punkt der neuen Verordnung. Den neuen Vorschriften zufolge müssen alle Verpackungen – mit wenigen Ausnahmen – strengen Anforderungen an die Recyclingfähigkeit genügen. Wichtig in diesem Zusammenhang: Die Herkunft der Abfälle. Stammen sie von Endverbraucher, handelt es sich um sogenanntes PCR oder Post Consumer Recycling. Sind es industrielle Abfälle, spricht man von Post Industry Recycling oder kurz PIR. Zusätzlich zu den zwei Hauptrecycling Methoden (chemisch, mechanisch) wird ein Großteil der Plastikverpackungen energetisch verwendet (verbrannt). In Bezug auf Folien wies Jentschke darauf hin, dass mechanisch aufbereitete Post Consumer Materialien nicht als Primärverpackung (direkter Lebensmittelkontakt) in der Lebensmittelindustrie verwendet werden dürfen. Chemisch aufbereitete Materialen sind für den direkten Lebensmittelkontakt zugelassen. Leider ist diese Recyclingmethode noch nicht weit verbreitet und daher schwieriger zu beschaffen als zum Beispiel mechanisch recyceltes Material. Ab 2030 müssen jedoch alle Verpackungen, die Kunststoff enthalten, einen gewissen Mindestanteil an PCR-Material aufweisen. Dieses ist allerdings im Vergleich zu PIR aufwendiger zu sortieren und zu reinigen.
Produkte aus Monomaterialien sind gefragt
Von den über 200 verschiedenen Kunststoffarten werden bei den Verpackungen für die Lebensmittelindustrie vor allem Thermoplasten wie PVC, PE, PP und PET verwendet, erläuterte Jentschke. Das weit verbreitete Polyvinychlorid (PVC) bringt viele gute Eigenschaften für Verpackungen mit – etwa die Dehnbarkeit und eine natürliche Anti-Fog-Funktion – und ist beispielsweise in Schalen mit Dehnfolien zu finden. Da es jedoch schwierig zu recyceln ist und international in der Kritik steht, ist PVC nicht zukunftsfähig.
Anders sieht es bei Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) und Polyester (PET) aus. Diese Materialien werden in Schalen mit Dehn- oder Deckelfolie oder als Stretchfolie und Flowwrap eingesetzt. Da diese drei Kunststoffe in großen Mengen im Umlauf sind und industrielles Recyceln möglich ist, erleichtern sie das Sortieren und Recyceln erheblich, betonte Jentschke. Bis zum Jahr 2030 müssen zudem auf Etiketten oder Verpackungen Kennzeichnungen aufgebracht werden, in Form von Piktogrammen und digitalen Labels wie QR- und Barcodes. Sie informieren über die Materialzusammensetzung der Verpackung, inklusive dem sogenannten Rezyklatanteil, also dem Anteil wieder aufbereiteter Kunststoffabfälle.
Anforderungen auch auf Herstellerseite
Die Happy Group mit Sitz in Cremona (Italien) und ihre Tochtergesellschaft Magic Pack Deutschland stellten mit ihren Produkten weitere Möglichkeiten für die verordnungskonforme Nutzung verschiedener Materialien vor. Im Jahr 2022, so Davide Masini, haben sich die Happy Group, Forever Plast und Serioplast Group zu einem Joint Venture zusammengeschlossen und eine bestehende Recyclinganlage für die Selektion, das Waschen und das Recycling von High-Density Polyethylen (HDPE) sowie für PET und Polystyrol (PS) erweitert und modernisiert.
Das Angebot der Unternehmen der Happy Group umfasst verschiedenste Verpackungslösungen, wie Marco Conen erläutert. Die Gruppe ist spezialisiert auf die Herstellung von Kunststoffschalen für den LEH und die Lebensmittelindustrie, insbesondere für Frischprodukte wie Fleisch, Fisch, Zuchtpilze, Obst- und Gemüse. Darüber hinaus vertreiben sie Kartonschalen und perforierte Stretchfolien für den Pilz- und Gemüsemarkt. Großen Wert legt man laut Conen und Masini darauf, das Umweltprofil der Verpackung kontinuierlich zu verbessern und so ein nachhaltiges und kreislauffähiges Produkt zu gewährleisten – bei gleichbleibender Qualität der Verpackung. Die von der Happy Group produzierten Lebensmittelverpackungen sind recycelbar und nachhaltig, zudem erfüllen sie bereits heute die Anforderungen der PPWR. Für extrudiertes expandiertes Polystyrol (XPS) und PET-Schalen sei der von der neuen Verordnung geforderte Anteil an recyceltem Material schon erreicht.
Bedarf an Kunststoffverpackungen deutlich machen
Laut Masini und Conen setzt sich die Unternehmensgruppe dafür ein, die Wichtigkeit der Kunststoffverpackungen zu verdeutlichen, um die Frische und Haltbarkeit von Pilzen zu erhalten und so die Lebensmittelverschwendung in der gesamten Lieferkette zu verringern. Man arbeite aktiv mit Forschungslabors und Universitäten zusammen, um die Wechselwirkungen zwischen Verpackungen und Lebensmitteln zu untersuchen, ihre Haltbarkeit zu verlängern, aber auch für die Entwicklung neuer Verpackungslösungen, die immer leistungsfähiger und nachhaltiger sind. Die gesammelten Informationen und Studien sollen die EU-Kommission dabei unterstützen, Ausnahmen zu erlassen, wie sie in der PPWR vorgesehen sind. Dies würde es ermöglichen, dass Kunststoffverpackungen, die bereits der Verordnung entsprechen, über 2030 hinaus verwendet werden können.
In der anschließenden Diskussion wurde erneut deutlich, wie wichtig das Thema für die Pilzproduzenten ist und dass es viele Stolpersteine birgt. Auch, wenn bereits zukunftsträchtige Monomaterialien im Einsatz sind, kann mit Ausnahmegenehmigungen nicht gerechnet werden. Daher sei es notwendig, das Thema von allen Seiten anzugehen, bekräftigte Hans Deckers. „Wir wollen über die Stolpersteine steigen, nicht darüber fallen“, sagte der BDC-Vorsitzende zum Umgang mit den aktuellen Herausforderungen.