Der LEH engagiert sich mit verschiedenen Aktivitäten für den Umwelt- und Klimaschutz – z.B. mit eigenen Bio-Marken, einem größeren vegetarischen und veganen Angebot oder Energieeffizienzsteigerungen in den Filialen und Unternehmensstandorten. Insgesamt aber könnten die untersuchten Unternehmen ihren Einfluss und Handlungsspielraum deutlich stärker nutzen. Das zeigt eine aktuelle Studie des Umweltbundesamts (UBA), bei der das Umweltengagement der acht umsatzstärksten LEH-Unternehmen Deutschlands (Aldi Nord, Aldi Süd, Edeka, Kaufland, Lidl, Netto Markendiscount, Penny und Rewe) systematisch in den Bereichen Lieferketten (Einkauf und Zusammenarbeit mit Lieferanten), eigene Standorte sowie Konsum (Interaktion mit Verbraucher) bewertet wurde.
Die größten Stellschrauben liegen demnach in den Bereichen Sortimentsgestaltung, Reduktion von Lebensmittelverschwendung und Sensibilisierung der Konsumenten. UBA-Präsident Dirk Messner: „Die Unternehmen im LEH haben sehr viel Einfluss – sowohl auf die Produktionsbedingungen als auch auf das Konsumverhalten. Daraus erwachsen Handlungschancen und auch Verantwortung. Einige Unternehmen gehen hier schon voran und haben sich z,B. ambitionierte Ziele für Klima- und Waldschutz gesetzt. Das Potenzial ist aber noch lange nicht ausgeschöpft: Die Nachhaltigkeitsstrategien der Konzerne sind bis jetzt nur unzureichend verankert. So wird zwar viel von Umweltschutz und Nachhaltigkeit gesprochen, aber im Einkauf der Produkte, bei Preisgestaltung oder Werbung z.B. sehen wir oft das Gegenteil. Hier ist auch die Politik ist gefragt: Sie muss entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, damit aktiver und konsequenter Umweltschutz zum Wettbewerbsvorteil für die Unternehmen wird.“
Vor allem bei der Berichterstattung zu Umweltzielen sowie bei Energieeffizienzsteigerungen in den Filialen und Produktionsstätten schneiden die Unternehmen eher gut ab. Auch in Bezug auf Umweltkampagnen und Sensibilisierungsmaßnahmen erzielen die acht Supermärkte gute Ergebnisse. So nutzen die Unternehmen z.B. Branchenstandards und Zertifizierungen für bestimmte Rohstoffe wie Kakao, Kaffee oder Palmöl und arbeiten daran, sich wissenschaftsbasierte Klimaziele oder Ziele für entwaldungsfreie Lieferketten zu setzen. Weitere positive Beispiele sind Aktionen und Kampagnen zur Reduktion von Lebensmittelverschwendung, vor allem im Bereich Obst und Gemüse; das große Angebot an Biolebensmitteln (62 % des Umsatzes mit Biolebensmitteln werden im konventionellen LEH erzielt); zahlreiche Pilotprojekte zum Klima- und Umweltschutz, z.B. zur Darstellung der Umweltkosten in den Verkaufspreisen sowie das steigende Angebot an pflanzlichen Alternativprodukten.
Insbesondere in den Bereichen Sortimentsgestaltung und Sensibilisierung von Konsumenten nutzen die Unternehmen ihren Handlungsspielraum aber überhaupt nicht oder nur unzureichend. Mit Sortimentsgestaltung ist der (nachhaltige) Einkauf der Produkte und Rohwaren gemeint; Sensibilisierung der Konsumenten umfasst Maßnahmen im Bereich der Ladengestaltung, Produktplatzierung und Werbung, um die Menschen zu umweltfreundlicheren Kaufentscheidungen zu motivieren. Hier könnte z.B. beim Sortiment ein stärkerer Fokus auf Umweltschutz gelegt werden, indem besonders umweltschädliche Produkte – wie Ware, die per Flugzeug geliefert wird – nicht angeboten werden. Auch im Bereich Werbung wird noch nicht genug getan. So werden z.B. tierische, umweltschädlichere Produkte deutlich stärker beworben als die umweltfreundlicheren pflanzlichen Alternativen.
Die Studie empfiehlt den Unternehmen, ihr Nachhaltigkeitsmanagement insgesamt systematischer zu gestalten: Dazu sollten durchweg überprüfbare Ziele zur ökologischen Nachhaltigkeit gesetzt werden, in bessere Daten investiert sowie das Nachhaltigkeitsmanagement stärker mit Geschäftsführung, Einkauf und Warengruppenmanagement verknüpft werden.
Das UBA empfiehlt einen Politik-Mix aus finanziellen Anreizen – z.B. Neuausrichtung der Mehrwertsteuer für Lebensmittel nach ökologischen Kriterien – und regulatorischen Maßnahmen. Dazu zählt bspw. die Internalisierung externer Kosten – Umweltkosten der Produktion, wie Luftverschmutzung oder Klimaschäden, die bislang von der Gesellschaft getragen werden, würden dabei eingepreist. Zudem sollte die Politik Rahmenbedingungen für eine transparente und besser vergleichbare Nachhaltigkeitsberichterstattung der Unternehmen setzen.