Die Wirtschaft in Europa leidet unter gestiegenen Energiepreisen sowie steigenden Material- und Personalkosten. Die Auswirkungen auf den Straßengüterverkehr: Transportdienstleister legen die ohnehin knappen Transportkapazitäten still. Das verschärft das Ungleichgewicht, wie das Timocom Transportbarometer belegt.
Trotz anhaltender Lieferengpässe, dem Mangel an Rohstoffen und fehlenden Zulieferteilen in der Produktion, sei der Transportbedarf demnach auf der Straße nach wie vor hoch. Während die Nachfrage weiter steigt, befeuern der Fahrermangel und die Transportengpässe die Preisspirale. Das Verhältnis von Frachtangeboten zu Laderaumangeboten in Europa sei in einem immensen Ungleichgewicht, das sich im Verlauf des zweiten Quartals deutlich abzeichne. Das Verhältnis von Frachten zu angebotenem Laderaum in Europa lag im Juni durchschnittlich bei 85:15. Innerhalb Deutschlands lag das Verhältnis sogar im Durchschnitt bei 89:11. Die Frachteingaben stiegen im April um 26 % gegenüber März 2022. Im Juni ging die Nachfrage um 8 % gegenüber dem Vormonat leicht zurück, lag aber immer noch 14 % über dem Vorjahreswert. Insgesamt gab es im zweiten Quartal bei innerdeutschen Transporten ein Plus von 63 % gegenüber dem ersten Quartal. Sowohl aufgrund der gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise als auch wegen Fahrermangels haben viele Transporteure und Spediteure ihre Kapazitäten reduziert bzw. stillgelegte Transportkapazitäten nicht wieder aktiviert. Das Gesamtangebot an verfügbaren LKW in der Frachtenbörse von Timocom ging im April um 19 % zurück. Im gesamten Quartal waren 7 % weniger Laderaum verfügbar als in Q1. Auch gegenüber dem Vorjahresquartal ist das LKW-Angebot um 10 % gesunken. „Wir befinden uns in einem Auftragnehmer-Markt“, beschreibt Gunnar Gburek, Head of Business Affairs bei Timocom, die derzeitige Situation. „Die Bedeutung, kurzfristig Laderaum am Spotmarkt zu bekommen, hat trotz höherer Kosten zugenommen. Alle reden von Preisen, aber hier zeigt sich, dass die Verfügbarkeit von Transportkapazitäten aktuell wichtiger ist als ein günstiges Angebot.“ Etwas Entlastung am Markt könnte der Ende Juni vorgelegte Lösungsvorschlag der EU-Kommission bringen. Der Vorschlag sieht vor, ukrainischen Berufskraftfahrern den Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt zu erleichtern. So sollen geflüchtete ukrainische Fahrer für die Dauer ihres Schutzstatus mit ihrem ukrainischen Führerschein in der EU fahren dürfen, ohne ihn umzuschreiben. Außerdem sollen Berufskraftfahrerqualifikationen aus der Ukraine europaweit anerkannt werden.