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In einem offenen Brief des SWISSCOFEL-Präsidenten Martin Farner heißt es: 'In ihrer Presserklärung zum neuen Jahr schießen der Präsident und der Direktor des Schweizer Bauernverbands einmal mehr mit scharfer Munition auf den Handel in der Schweiz. Sie bezeichnen den Einzelhandel als 'gnadenlos', die Qualitätsanforderungen des Handels und der Konsumenten als übertrieben und die grünen Anliegen von Politik und Gesellschaft als 'Wunschdenken'. Das kann und will ich als Präsident von SWISSCOFEL - dem Verband der Schweizer Früchte-, Gemüse- und Kartoffelhändler, zu dem u.a. auch Migros und COOP gehören - so nicht unwidersprochen stehen lassen.

Fakt ist, dass die Schweizer Früchte- und Gemüsebranche in den vergangenen 30 Jahren nie stehen geblieben ist. Wir haben uns stets den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Ansprüchen an die Land- und Lebensmittelwirtschaft gestellt. Das tun wir auch heute noch und werden es auch in Zukunft tun. Die Schweizer Früchte- und Gemüsebranche war die Erfinderin der integrierten Produktion in der Schweiz. Sie hat auf Wunsch des Handels den SwissGAP-Standard eingeführt, sie war auch Pionierin für diverse nachhaltige Labels und Vorreiterin in der Bio-Branche.
Das war allerdings nur möglich, weil sie nicht auf die Bremsmanöver des Bauernverbandes gehört, sondern partnerschaftlich Lösungen gesucht und gefunden hat, um den neuen Ansprüchen laufend gerecht zu werden. Während Vertreter des Bauernverbandes noch applaudierten, als militante Bauern ihre SwissGAP-Ordner medienwirksam in Brand setzten, haben die Früchte- und Gemüse-Produzenten und Händler den Standard ohne großen Lärm erfolgreich eingeführt und gemeinsam laufend weiterentwickelt; und das ohne das Zutun des mächtigen Bauernverbandes.
Der vom Schweizer Bauernverband immer wieder gemachte Vorwurf von den 'viel zu strengen Qualitätsanforderungen des Handels' ist absolut unbegründet. Die geltenden Normen werden von Produzenten und Handel gemeinsam definiert und beschlossen. Diese Normen zeigen auf, welche Qualitäten sich gut verkaufen lassen. Nach Absprache zwischen Lieferanten und Abnehmern sind auch Abweichungen möglich und erlaubt. Das wurde auch mehrfach so gemacht. Während der ersten Pandemiewelle wurde übergrosses Gemüse vom Gastronomie- in den Detailhandelskanal umgeleitet und so weitgehend verkauft. Ebenso wurden verhagelte Aprikosen schon mehrmals als Klasse II/Kochobst über den Einzelhandel verkauft. Auch auf kurzfristige, wetterbedingte Großernten versucht der Handel, wenn immer möglich, mittels Aktionen flexibel zu reagieren.
Diese Zusammenarbeit ist alles andere als 'gnadenlos', sondern sehr erfolgreich. Dass die Schweizer Früchte-, Beeren-, Gemüse- und Kartoffelproduzenten ihre Marktanteile seit Jahren nicht nur halten, sondern ausdehnen konnten, ist ein deutlicher Beweis dafür.
'Unfair' ist darum nur der Versuch des Schweizer Bauernverbands, zwischen die Produzenten und den Handel einen Keil zu treiben. Sollte das gelingen, gäbe es nur Verlierer.
An dieser Stelle möchte ich den Schweizer Früchte- und Gemüse-Produzenten ein großes Kompliment machen. Sie kämpfen jedes Jahr nicht nur mit hohen Risiken in der Natur und auf dem Markt, sondern sie sind auch offen und gewillt, die Ansprüche der Schweizer Gesellschaft in Bezug auf den Umwelt- und Klimaschutz ernst zu nehmen. So haben der Schweizer Gemüseproduzentenverband (VSGP) und der Schweizer Obstverband (SOV) soeben beschlossen, dass ab 2030 für die Beheizung von Gewächshäusern keine fossilen Brennstoffe mehr eingesetzt werden. Sie sind es auch, die anstelle von Chemie die ersten Jät-Roboter in der Schweiz getestet haben. Und sie werden es auch sein, die eine schrittweise Reduktion der Risiken durch synthetische Pflanzenschutzmittel – so wie das Parlament es verlangt - in der Praxis umsetzen und erreichen werden.
All diese innovativen Schritte und Investitionen kann man nur tun, wenn man an eine Zukunft und an eine Partnerschaft zwischen Produktion und Handel glaubt.
Die Exponenten vom Schweizer Bauernverband sollten sich darum die Früchte- und Gemüse-Produzenten als Vorbild nehmen. Denn die verteidigen keine alten Pfründe und sie fordern auch keine neuen Sonderrechte. Sie wollen in Anbetracht der großen Herausforderungen in der Zukunft bestehen können. Und darum wünschen sie sich - genau wie der Handel – dafür optimale Rahmenbedingungen, damit sie sich auf ihren Märkten erfolgreich weiterentwickeln können.
Die Ansprüche unserer Gesellschaft an die gesamte Lebensmittelkette sind hoch und sie werden weiter zunehmen. Offenbar ist es im Schweizer Bauernverband noch nicht angekommen: Die Ökologisierung unserer Gesellschaft ist längst kein „Wunschdenken“ mehr, sondern die Zukunft. Und die ist näher, als Herr Ritter das offensichtlich wahrhaben will.
Man darf sich nicht wundern, wenn der sture Widerstand des Bauernverbandes gegen die Weiterentwicklung der Agrar- und Umweltpolitik sogar zu einer Annahme dieser extremen Initiativen führt. Der Bauernverband muss sich selbst bewegen, nur dann verlieren diese weltfremden Initiativen an Schwung!'