Die Schweizer Kartoffelbranche steht vor großen Herausforderungen: Wetterextreme, neue Krankheiten und der Druck zur Reduktion des CO2-Fußabdrucks.

Gleichzeitig bietet die steigende Nachfrage nach Kartoffeln in der Schweiz eine vielversprechende Zukunft. Welche Prioritäten setzen die Kartoffelproduzenten und welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Branche zukunftsfähig zu machen? Dieser Frage ging der Landwirtschaftliche Informationsdienst (LID) nach.

Die Rahmenbedingungen für Kartoffelproduzentinnen und Kartoffelproduzenten haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Besonders der Klimawandel und die damit verbundenen Wetterextreme stellen eine grosse Herausforderung dar. „Wir merken schon, das Wetter ist nicht mehr das gleiche wie vor 5 bis 10 Jahren“, erläutert Niklaus Ramseyer, der neugewählte Präsident der Vereinigung Schweizerischer Kartoffelproduzenten VSKP. „Wir haben immer mehr Wetterextreme wie Trockenheit, Hitze oder Starkniederschläge – das macht uns auf dem Feld zu schaffen“, erklärt Niklaus Ramseyer weiter.

Kartoffelsorte Gaya

Kartoffelsorte Gaya

Image: jvo

Steigende Anforderungen an Produzentinnen und Produzenten

Neben dem Wetter ist der Pflanzenschutz ein zentrales Thema. Neue Schädlinge und Krankheiten nehmen zu, während gleichzeitig die Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln eingeschränkt wird. „Früher war Pflanzenschutz kein großes Thema, weil wir die notwendigen Wirkstoffe hatten – heute hat sich das geändert und wir müssen den Fokus auf resistente Sorten setzen“, so Niklaus Ramseyer weiter. Allerdings brauche es Zeit, bis neue Sorten in ausreichenden Mengen angebaut werden könnten. Deshalb setzt sich die VSKP intensiv für die Förderung robuster Sorten und den Erhalt der verbleibenden Pflanzenschutzwirkstoffe ein.

Neue gentechnische Züchtungsverfahren als Chance

Ein entscheidender Faktor für die Zukunft der Kartoffelproduktion könnten neue gentechnische Züchtungsverfahren sein. „Als Kartoffelproduzentenvereinigung sind wir der Überzeugung, dass wir uns dieser Technologie nicht verschliessen dürfen“, betont Niklaus Ramseyer. Während klassische Züchtungsverfahren oft über ein Jahrzehnt benötigen, um neue Sorten mit verbesserten Resistenzen zu etablieren, könnten moderne Züchtungstechniken diesen Prozess deutlich beschleunigen. Die VSKP setzt sich daher aktiv für eine wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung mit diesen Methoden ein, um innovative und nachhaltige Lösungen für den Kartoffelanbau in der Schweiz zu ermöglichen.

CO2-Reduktion als neues Thema

Ein weiteres Thema ist die CO2-Reduktion. Der VSKP-Präsident betont, dass verschiedene Marktakteure zukünftig Klimabilanzen der Kartoffeln rechnen werden: „Unsere Abnehmer fordern, dass wir über die Kartoffeln eine CO2-Reduktion mitliefern, damit sie ihre Unternehmensziele erreichen“, erklärt er. Das werde in anderen Bereichen wie dem Zuckerrübenanbau bereits gemacht und werde auch bei beim Kartoffelanbau zunehmend ein Thema. Dabei sei aber klar, dass die Produzentinnen und Produzenten für diese zusätzliche Arbeit entschädigt werden müssten. Die VSKP fordert daher eine administrativ schlanke Umsetzung und eine angemessene Prämie für diese Massnahmen, um die wirtschaftliche Belastung der Produzentinnen und Produzenten auszugleichen.

Steigende Nachfrage als Chance

Trotz der Herausforderungen sieht Niklaus Ramseyer auch klare Chancen für die Kartoffelbranche. „Die Schweiz ist weltweit ein Top-Standort für den Kartoffelanbau – mit unseren rund 1.000 mm Niederschlag haben wir optimale Bedingungen, zudem haben wir sehr gut ausgebildete Fachkräfte“, erklärt er. Und auch der Markt entwickle sich positiv: „Die Schweiz wächst jedes Jahr um rund 150.000 bis 200.000 Einwohner, die auch Kartoffeln konsumieren und wir sehen daher eine steigende Nachfrage“, erläutert Niklaus Ramseyer. Dennoch wäre eine bewusstere Konsumförderung wünschenswert, um die Kartoffel als nachhaltiges Grundnahrungsmittel noch stärker in den Fokus zu rücken.

Pflanzkartoffeln als kritischer Faktor

Ein zentrales Problem im vergangenen Jahr war die Knappheit an Pflanzkartoffeln. Zwar konnte 2024 eine gute Ernte eingefahren werden, doch die langfristige Situation bleibt angespannt. „Die Produzenten werden immer weniger, weil die Wirtschaftlichkeit in den letzten Jahren gesunken ist“, erklärt Niklaus Ramseyer. Daher fordert die VSKP eine Erhöhung des Einzelkulturbeitrags für Pflanzkartoffeln von derzeit geplanten 1.500 Franken auf 2.500 Franken pro Hektar. „Das Pflanzgut hat eine riesige Bedeutung für die gesamte Wertschöpfungskette – ohne ausreichendes Pflanzgut kann keine stabile Kartoffelproduktion gewährleistet werden“, mahnt er. Zusätzlich setzt sich die VSKP dafür ein, die Attraktivität des Pflanzkartoffelanbaus zu steigern, indem nachhaltige Anreize für Produzentinnen und Produzenten geschaffen werden.

Weichen für die Zukunft stellen

Die VSKP setzt sich dafür ein, die Produktion von Pflanzkartoffeln in der Schweiz zu erhalten. „Viele glauben, dass die Pflanzkartoffelproduktion ein Hobby und wenig professionell sei, doch das stimmt definitiv nicht: Sie erfordert spezielles Wissen und ist entscheidend für die gesamte Kartoffelproduktion“, betont Niklaus Ramseyer. Die Produktion von Pflanzkartoffeln soll daher in der Schweiz gefördert werden, um die Abhängigkeit von Importen zu verringern. Darüber hinaus plant der Verband verstärkte Forschungsprojekte zu neuen Krankheiten und Schädlingen, um die langfristige Stabilität der Kartoffelproduktion zu gewährleisten.

Eine stärkere Förderung robuster Sorten, verbesserte Pflanzenschutzstrategien und eine wirtschaftlich attraktive Produktion sind Schlüsselfaktoren für die Zukunft. Zudem braucht es ein klares politisches Engagement für die Stärkung der Kartoffelproduktion. Niklaus Ramseyer sieht die Zukunft der Kartoffelproduktion aber optimistisch: „Wir haben die richtigen Voraussetzungen, um auch in Zukunft erfolgreich Kartoffeln in der Schweiz anzubauen.“