Bei der Association Pink Lady® Europe hat man sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Neben 25 % Wachstum für das aktuelle Jahr gehören dazu allerdings auch viele Aspekte, die mit dem Alltag der Konsumenten verknüpft sind. Was genau das ist, habe ich auf der FRUIT LOGISTICA mit Thierry Mellenotte, Direktor der Association Pink Lady® Europe, erörtert.
Unterstützt werden soll das Wachstum u.a. mit Aktionen im LEH, erzählt er. Denn auch, wenn sich der wirtschaftliche Kontext etwas besser als in der vergangenen Saison zeige: „Der Druck ist noch da“, bestätigt der Direktor, der Anteil der Handelsmarken des LEH wachse genau wie der Fokus des Konsumenten auf günstige Preise. Hinzu komme ein wachsender Druck durch eine wachsende Kategorie: „Wir beobachten, dass es sehr viele neue Apfelsorten und -marken gibt, auch als Private Label im LEH, wo der Handel eigene Apfelbrands entwickelt. Doch insgesamt schrumpft der Apfelkonsum, und trotz neuer Sorten ist es uns als Branche nicht gelungen, diese Entwicklung umzukehren“, berichtet Mellenotte.
Chips, Cider & Co
Also erkundet man bei Pink Lady® andere Wege, nämlich die der Angebotsdiversifizierung: Nicht nur die bekannten Äpfel gibt es, sondern auch Apfelchips, -saft oder -kompott in den trendigen Pouches (oder umgangssprachlichen „Quetschies“), darüber hinaus Cider – mit und ohne Alkohol. Ist das nicht kontraproduktiv, wenn doch eigentlich Äpfel das hauptsächliche Verkaufsziel sind? Nicht unbedingt, findet Mellenotte: „Wenn ich über ein Kompott in der bequemen Pouch-Verpackung jemanden von unseren Äpfeln überzeugen kann, der den Unterschied schmeckt, dann lassen sich dadurch doch Verbindungen knüpfen – wer das Pink-Lady-Kompott mag, würde eher zu einem frischen Pink Lady®-Apfel greifen.“ Diese möglichen Cross-Selling-Punkte ließen sich heutzutage dank Kundenbindungsprogrammen und Künstlicher Intelligenz noch weitaus genauer analysieren als in der Vergangenheit. Durch z.B. Couponing könne man dann gezielte Kaufanreize schaffen, die jenseits der gewohnten Strukturen lägen. Bei Pink Lady® ist nun das Ziel, mit den Äpfeln und den verarbeiteten Produkten die Art und Weise des individuellen Konsums zu diversifizieren, so dass die Verbraucher von früh bis spät in den Genuss der Äpfel und ihrer “Derivate” kommen können, vom Apfel zum Frühstück über ein Kompott als Vormittagssnack bis hin zum Cider oder Saft als abendlicher Aperitiv.
Tu Gutes und rede darüber
Verstärkter Fokus also auf die Ernährungsgewohnheiten - und auf Gute Praktiken, die bereits jetzt schon umgesetzt werden. „Was Sie an Kommunikation wahrnehmen, ist nur die Spitze des Eisbergs. Es gibt noch so viel mehr, wofür wir uns einsetzen, was wir aber noch lange nicht ausreichend kommunizieren. Etwa für die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks oder für die Biodiversität, z.B. mit unserer Initiative Bee Pink.“ Auch „Adopt a Tree“ gehört zu den Projekten des Verbands. Im vergangenen Jahr kamen so rund 4.000 Konsumentinnen und Konsumenten persönlich vorbei, um „ihre“ Pink Lady® Äpfel zu pflücken. Das ist eine vergleichsweise kleine Zahl, betrachtet man die 100 Mio jährlichen Konsumenten der Exklusivsorte. Doch Thierry Mellenotte rechnet anders: „Vielleicht kommen diese Menschen alleine in die Obstgärten, um bei der Ernte dabei zu sein. Doch danach sprechen sie mit Freunden und ihrer Familie über das Erlebnis – so wächst die Community, und sie werden zu richtigen Pink-Lady-Botschaftern – das ist eine ganz andere Art von Marketing“, erklärt er. Auch das Thema Bodengesundheit sei etwas, womit sich die Association Pink Lady® Europe intensiv beschäftige, vor allem in Zeiten des Klimawandels. „Im Weinbau berücksichtigt man schon lange die Bodenqualität, im Obstanbau denken wir erst seit kurzem darüber nach - dabei hat der Boden einen großen Einfluss auf die Temperaturregulierung in den Plantagen”, so Mellenotte. Denn steigende Temperaturen und damit teils einhergehender Wassermangel sind schon jetzt ein Thema. Man untersuche daher, wie Produzenten mit weniger Wasser dennoch zu guten Ernteergebnissen kommen können.
Aktives Engagement
Bei meiner Frage nach einem 10-Jahres-Ausblick fällt der Blick in die Glaskugel vorsichtig aus: „Ich weiß nicht, was in zehn Tagen sein wird“, gibt Thierry Mellenotte zu bedenken. Dennoch ist er überzeugt, dass nicht nur bei Äpfeln, sondern bei jeglichem O+G in den nächsten 10, 15 oder 25 Jahren mehr als nur das Erzeugnis nachgefragt werde: Mehr und mehr gehe es um ein aktives gesellschaftliches Engagement, um eine angemessene Vergütung der Erzeuger, ein Handel zugunsten der Gesundheit der Verbraucher und des Planeten. Es gehe also verstärkt darum, Stellung zu beziehen, das sei die zunehmend präsente Erwartung der Konsumenten an Marken und werde in Zukunft auch bei Kaufentscheidungen eine Rolle spielen. „Natürlich gibt es Gesetze. Aber uns zwingt aktuell niemand, den Wasserverbrauch zu senken oder uns für die Bienen einzusetzen. Das machen wir freiwillig. Und darüber sollte mehr gesprochen werden“, so Thierry Mellenotte abschließend.
[Das ungekürzte Interview mit Thierry Mellenotte lesen Sie in Ausgabe 10 des Fruchthandel Magazins. Sie haben uns bereits abonniert? Dann geht es hier zum e-Paper!]