Anfang der Woche hat der Landwirtschaftsausschuss des italienischen Senats einstimmig zugunsten des Änderungsantrags der Dürre-Notverordnung gestimmt, wonach Feldversuche mit NGT-Pflanzen erlaubt werden - also solchen, die mithilfe der New Genomic Techniques (NGT) modifiziert wurden. Wohlgemerkt: Es geht um Versuche.
„Ohne einen europäischen Rahmen werden die NGT jedoch auf einer experimentellen Ebene bleiben,“ betonte auch Confagricoltura-Präsident Massimiliano Giansanti, denn innerhalb der EU sind – bis auf einige, an einer Hand abzählbare Ausnahmen – diese Pflanzen noch nicht zugelassen. Nichtsdestotrotz ist die italienische Landwirtschaft in heller Aufruhr. Die Nutzung von NGT „sind eine wirksame Antwort auf den klimatischen Notstand und den Nahrungsmittelbedarf, denn sie ermöglichen es, den Einsatz von Pestiziden und Wasser zu reduzieren und die für die wachsende Bevölkerung erforderliche Produktivität zu gewährleisten“, heißt es in der Mitteilung des Landwirtschaftsverbandes weiter.
Das Forschungsgremium CREA bewertet die Entscheidung ebenfalls positiv. Es sei ein „entscheidender Moment“, da Labortests bereits „außergewöhnliche Ergebnisse“ erzielt hätten, die nun auf dem Feld fortgesetzt werden können. „Genetische Innovationen sind unerlässlich, um die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit unserer nationalen Landwirtschaft zu gewährleisten“, so CREA-Präsident Carlo Gaudio. Für den Verband der Landwirte Cia (Confederazione italiana degli agricoltori) stellt die Zulassung einen „historischen Wendepunkt“ für die italienische Landwirtschaft dar, um „grünere“ Pflanzen zu entwickeln, die widerstandsfähiger gegenüber dem Klimawandel und Krankheiten seien, gleichzeitig jedoch produktiv und nachhaltig: „Der Primärsektor muss die Quantität und Qualität des Anbaus steigern, den Landwirten ein Einkommen sichern und gleichzeitig den ökologischen Wandel begleiten und Klimakrisen meistern, während sich Wetterextreme verdoppeln und für fünfmal mehr Ernteausfälle und Schwankungen von 20 % bis 49 % des Ertrags sorgen“, erklärte Cristiano Fini, nationaler Cia-Präsident. Forschung, vor allem im Bereich Genetik, könnte dringend benötigte Antworten auf diese Herausforderungen liefern. Sie helfe auch den Pflanzen selbst, ist Tommaso Battista, Präsident von Copagri, einem losen Zusammenschlusses kleinerer Landwirtschaftsverbände, überzeugt. Diese könnten sich so mit weniger Stress an die immer häufiger auftretenden Auswirkungen des Klimawandels anpassen.
Der italienische Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida sieht es als „notwendig“ an, in die Technologien „ohne Ideologien und Vorurteile“ einzusteigen, da es nicht um genetisch veränderte Organismen (GMO) gehe. Durch die Entscheidung des Ausschusses werde Italien eine Vorreiter-Rolle in Europa zukommen. Man agiere zugunsten einer ökologischen Nachhaltigkeit, bei der die ökonomische Nachhaltigkeit jedoch nicht unbeachtet bleiben dürfe, so der Minister.
Auch die Fachpresse äußert sich positiv. „Habemus NGT“ schreibt etwa Italia Fruit News und beschreibt den italienischen Landwirt, der nach einem Klammergriff - Klimawandel einerseits, immer strengere PSM-Restriktionen auf EU-Ebene andererseits – nun mit der Änderung bald Krankheits- und Klima-resistentere Sorten verfügbar haben könnte. „Ein Geschenk des Himmels“, heißt es. Die Liste möglicher Anwendungen sei so lang, man wüsste gar nicht, wo sie aufhöre, endet der Text euphorisch. Genau das ist wohl auch der Punkt, warum immer wieder Stimmen gegen die Freigabe der neuen genetischen Technologien im Anbau sind: Man weiß gar nicht, wo sie aufhören.
Allerdings, wie gesagt: Noch sind es Testzwecke, die der italienische Senat erlaubt hat, doch die Hoffnung auf eine wohlwollende Wende auf EU-Ebene ist in jedem Kommentar deutlich wahrnehmbar. id