Die italienische Region Emilia-Romagna hat bei der Regierung einen Antrag auf Ausrufung des nationalen Notstands wegen der anhaltenden und sich verschärfenden Wasserkrise gestellt. Die regionale Abteilung des italienischen Landwirtschaftsverbands Coldiretti Emilia-Romagna spricht von einer Notsituation, die „die Natur, die Bevölkerung und die Landwirtschaft betrifft'.
Der offizielle Antrag wurde am Morgen des 30. Juni vom Präsidenten der Region, Stefano Bonaccini, unterzeichnet und an Ministerpräsident Mario Draghi sowie den Leiter der Abteilung für Katastrophenschutz, Fabrizio Curcio, übermittelt. „In Anbetracht der Merkmale, der Art und des Ausmaßes der Ereignisse, die sich in den kommenden Monaten noch verschlimmern könnten, beantragen wir die Ausrufung des nationalen Notstands für die schwere Wasserkrise, die sich auf dem gesamten Gebiet der Region Emilia-Romagna abspielt“, wird Bonaccini auf Myfruit zitiert. Um dringende und mittelfristig durchzuführende Maßnahmen umsetzen zu können, seien Mittel in Höhe von 36,7 Mio Euro notwendig, so der Präsident.
Wie dramatisch die Situation für die Landwirtschaft aussieht, macht das regionale Coldiretti-Büro deutlich: Durch den niedrigen Wasserstand des Flusses Po dringe Meerwasser ein, was 30 % der Lebensmittelproduktion bedrohe. Aktuell sei das Salzwasser bereits 30 km ins Landesinnere vorgedrungen, heißt es in einer Mitteilung. „Wir sind mit verheerenden Auswirkungen auf die nationale Produktion konfrontiert“, so Coldiretti. In der Obstproduktion gehe man von einem Verlust von derzeit 15 % durch hohe Temperaturen von 40 Grad Celsius aus. Zudem hätten Insekten- und Heuschreckenangriffe z.B. auf Sardinien bereits fast 40.000 ha Felder verwüstet. Die Niederschläge hätten sich 2022 trotz jüngster Regenfälle praktisch halbiert, hinzu kämen Hagelstürme in einigen Gebieten des Nordens, was die Schadenssumme mittlerweile auf 3 Mrd Euro erhöht habe. Der Po sei „praktisch nicht wiederzuerkennen“, die Seen im Norden kaum gefüllt (Lago Maggiore: 26 %, Comer See: 11 %, Gardasee: 54 %). Mehr als ein Viertel des Landes (28 %) sei von Dürre und Wüstenbildung bedroht, berichtet Coldiretti.
„Die Situation der Flüsse und Seen, die steigenden Temperaturen und die Auswirkungen der Dürre auf die nationale landwirtschaftliche Produktion zeigen, dass die Umsetzung eines Plans für Stauseen beschleunigt werden muss“, so Coldiretti-Präsident Ettore Prandini. „Italien gewinnt nur 11 % seines Regenwassers zurück. Mit einem nationalen System von Wasserspeichern könnten wir 50 % erreichen und so Krisensituationen wie die, die wir dieses Jahr wieder erleben, vermeiden“, betonte er abschließend.