Der Sommer ist nicht nur hierzulande eine Saison mit sehr unerwarteten Wetterumschwüngen. Für Italien ist es ein “Alptraum”, findet der italienische Landwirtschaftsverband Coldiretti. Durchschnittlich 32 extreme Wetterereignisse pro Tag mit Hagel, Sturmböen, Sturzregen, Hitzewellen und Wirbelstürmen habe man aufgezeichnet, 57 % mehr als zur Vorjahreszeit.
Die Bilder der überschwemmten Gebiete der Emilia-Romagna im vergangenen Mai haben wir sicherlich alle noch vor Augen. Es folgten Hagel und Hitzewellen mit einem Juli, der als heißester Monat seit Beginn der Aufzeichnungen in die Geschichte eingehen könnte. Nun haben die jüngsten Wolkenbrüche für weitere Schäden an Italiens Landwirtschaft und Infrastruktur gesorgt, die über die 2022 bezifferten 6 Mrd Euro jetzt schon hinausgingen, berichtet Coldiretti, und bezeichnet 2023 als “schwarzes Jahr für die italienische Landwirtschaft”. Allein im Juli habe man 1.288 extreme Wetterereignisse aufgezeichnet - doppelt so viele als noch im Vorjahr. Aufgrund der schwierigen Verhältnisse rechne man derzeit mit Einbußen von 63 % bei Birnen. Weitere Obst- und Gemüsekategorien sind ebenfalls von den Wetterkapriolen betroffen, denn die große Hitze der letzten Wochen habe zu Verbrennungen der Schalen und zu Verlusten geführt, sei es bei Melonen, bei Steinobst, bei Tomaten oder Auberginen, so der Verband.
Bei Weintrauben rechnet Coldiretti mit ca. 14 % Rückgang, während der Landwirtschaftsverband von -20 % bis hin zu -30 % ausgeht. Insbesondere auf Sizilien hätten die Regenfälle in Kombination mit der großen Hitze zu einer Ausbreitung des falschen Mehltaus geführt, weshalb der Regionalverband Confagricoltura Sicilia um eine Krisensitzung gebeten habe. Auch die Citrusfrüchte litten sehr, vor allem in den Regionen um Ragusa, Siracusa und Catanien, wo hohe Temperaturen zum Fruchtabwurf geführt hatten, bei Oliven habe sich die ohnehin schon knappe Ölproduktion weiter ausgedünnt. Die Hitze lasse das Blattwerk verbrennen und die Pflanzen austrocknen, was nicht nur kurzfristig für Verluste von bis zu 50 % sorgen könne, sondern auch langfristige Auswirkungen auf die folgenden Kampagnen haben werde, betont Confagricoltura.
Als wäre dies nicht genug, kommen täglich weitere Brände auf Sizilien und Sardinien hinzu, die jedoch nur teilweise klimabedingt seien: Besorgniserregend sei nämlich neben der Tatsache, dass das heiße, windige Wetter die Ausbreitung der Brände begünstige, auch die Information, dass rund 60 % der Feuer von Brandstiftern bewusst gelegt wurden, wie Coldiretti schätzt. Betroffen seien derzeit allein auf Sardinien Hunderte Hektar Land, Pflanzen und Gerätschaften seien verbrannt. “Es wird Jahre dauern, bis die Obstbäume wieder produzieren können - das bedeutet für die Firmen großen wirtschaftlichen und ökologischen Schaden”, beklagt der Verband.