Der Umbau der Landwirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit wird nur gelingen, wenn die Politik Innovationen wie Biologicals, Grünen Ammoniak, Digitalisierung und Präzisionslandwirtschaft konsequenter fördert. Starre Vorgaben und pauschale Anwendungsverbote, wie sie aktuell die Diskussion um die EU-Verordnung zur Pflanzenschutzmittelreduktion bestimmen, werden nicht automatisch zu den Nachhaltigkeitszielen Biodiversität oder Klimaschutz beitragen, senken aber in der Konsequenz die Erträge der Landwirtschaft, so der Industrieverband Agrar e.V. (IVA).
Michael Wagner, Präsident des IVA, forderte anlässlich der Jahrespressekonferenz des Wirtschaftsverbands mehr Engagement, damit die Chancen der Digitalisierung in der Praxis der Landwirtschaft ankommen. 'Fast ein Viertel der ausgebrachten Pflanzenschutzmittel könnten theoretisch jetzt schon eingespart werden - ohne dabei Ertrag einzubüßen, wenn alle Landwirte mit modernsten Technologien und teilflächenspezifischer Applikation arbeiten würden. Dafür braucht es aber nicht nur Hilfen bei der Investition in neue Maschinen, sondern auch Anstrengungen bei Ausbildung und Beratung. Hier ist der Staat gefordert', so Wagner.
Die europäische Pflanzenschutzindustrie werde ihren Beitrag leisten, erklärte Wagner. Von geplanten 10 Mrd Euro, die die Unternehmen in diesem Jahrzehnt in digitale Lösungen investieren wollen, seien bis Ende 2022 schon Projekte im Volumen von 2,15 Mrd Euro umgesetzt worden. Für neue biologische Pflanzenschutzmittel wurden von geplanten 4 Mrd Euro bereits 1,75 Mrd investiert.
Fleischmann hält eine klimaneutrale - 'grüne' - Düngemittel-Produktion in Deutschland und Europa für realisierbar. Dafür braucht es aber verlässliche wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen sowie eine hohe Verfügbarkeit von klimafreundlicher Energie, vor allem ausreichend grünen Wasserstoff. Weiterhin sind beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren und 'Vorfahrtsregeln' für klimaschonende Düngemittel und Bewirtschaftungsverfahren, etwa im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), notwendig.
Eine Erholung zeigte sich dagegen auf dem deutschen Pflanzenschutzmarkt, dessen Umsatzvolumen nach Jahren des Rückgangs mit 18,8 % wuchs. Wagner warnte aufgrund des Umsatzanstiegs aber vor Fehlinterpretationen, dass Landwirte im Vorjahr wieder deutlich mehr Pflanzenschutzmittel eingesetzt hätten: Treiber für das Umsatzwachstum waren neben höheren Preisen auch durch Unsicherheit ausgelöste Vorratskäufe sowohl der Landwirte als des Handels; allein in den Lagern des Großhandels lagerten zum Ende des Jahres 2022 wertmäßig 40 % mehr Pflanzenschutzmittel als noch ein Jahr zuvor.