Welche neuen Instrumente brauchen Forschung und Pflanzenzüchtung, um die aktuellen Versorgungskrisen zu meistern, die Landwirtschaft an die Folgen des Klimawandels anzupassen und gleichzeitig die Nachhaltigkeit zu steigern? Diese Frage stand im Mittelpunkt des vierten 'Dialog Genome Editing' unter dem Titel 'Mit der Genschere CRISPR/Cas zu mehr Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Umweltschutz!?' am 8. April 2022, so der Grain Club.
Die Genschere CRISPR/Cas hat sich in den vergangenen Jahren weltweit zu einem wichtigen Werkzeug in Forschungsinstitutionen und Unternehmen der Pflanzenzüchtung entwickelt. Die Regulierung für solche neuen Techniken müsse zeitgemäß und wissenschaftlich fundiert sein, darin waren sich die an der Veranstaltung Beteiligten einig. In Bezug auf die konkrete Ausgestaltung lagen die Meinungen bei den Diskutierenden allerdings auseinander.
Silvia Bender, Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, äußerte sich kritisch gegenüber den neuen Methoden und stellte den Bedarf an (Risiko-)Forschung und die Einhaltung des Vorsorgeprinzips in den Vordergrund. Gleichzeitig signalisierte sie die Bereitschaft, den Dialog zum Thema Züchtung und zu den neuen Züchtungsmethoden mit allen Akteuren fortzuführen.
Der Food-Aktivist und Autor Hendrik Haase zog Parallelen zwischen den Fortschritten von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz sowie dem Genome Editing in der Pflanzenzüchtung. Die entstehenden Pflanzen könnten helfen, Nachhaltigkeitsansprüche von Verbraucherinnen und Verbrauchern an die Agrar- und Lebensmittelwirtschaft zu erfüllen. Dazu müsse man aber deren Risikoempfinden ernst nehmen und transparent aufklären, was es mit den neuen Sorten und Methoden auf sich habe. 'Jede Technologie, ob digital oder biologisch, braucht die Akzeptanz von Gesellschaft und Politik, sonst wird sie sich nicht durchsetzen können.'
Für einen breit angelegten Dialog plädierte auch Dr. Jürg Niklaus, Präsident des Schweizerischen Vereins 'Sorten für morgen', dem sowohl Erzeuger als auch Lebensmitteleinzelhandel und Verbrauchervertreter angehören. Er hob hervor: 'Die Verbraucher in der Schweiz haben mittlerweile ein differenziertes Bild über die Genschere CRISPR/Cas. Wir setzen uns für eine zeitgemäße und wissenschaftsbasierte Regulierung der neuen genomischen Techniken ein, um deren Potenziale auszuschöpfen. Am Ende des Tages braucht es Regeln, welche einerseits die Anliegen der Gesellschaft aufgreifen und andererseits der Branche Rechtssicherheit bieten.'
Der Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Pflanzenzüchter e.V. (BDP), Dr. Carl-Stephan Schäfer, stellte fest: 'Die aktuellen Krisen zeigen, dass die Herausforderungen für die Landwirtschaft immer komplexer werden. Wir können es uns nicht leisten, per se Methoden auszuschließen, die die Sortenentwicklung und Produktion von Lebensmitteln effizienter und nachhaltiger gestalten können. Die Genschere CRISPR/Cas erweitert den Werkzeugkasten der Pflanzenzüchtung und sollte allen Züchtungsunternehmen zur Verfügung stehen. Eine breite Anwendung in einer Vielzahl von Kulturarten und Züchtungszielen muss möglich sein.'
Dr. Momme Matthiesen, Geschäftsführer von OVID Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland e. V., fasste zusammen: 'Die realistischen Chancen von innovativen Züchtungstechniken wie der Genschere CRISPR/Cas sollten im Sinne der Nachhaltigkeitsziele des Green Deals und der weltweiten Versorgungssicherheit genutzt werden'. Wir wünschen uns, dass Deutschland den von der EU-Kommission angestoßenen Prozess zur Anpassung des Rechtsrahmens unterstützt und dazu beiträgt, diesen lösungsorientiert weiterzuentwickeln.