Der Europäische Gerichtshof hat am 4. Oktober die Gültigkeit des Mobilitätspakets weitgehend bestätigt. Er erklärt jedoch die Verpflichtung für nichtig, wonach die Fahrzeuge alle acht Wochen zur Betriebsstätte des Verkehrsunternehmens zurückkehren müssen.
Litauen, Bulgarien, Rumänien, Zypern, Ungarn, Malta und Polen hatten beim Europäischen Gerichtshof Nichtigkeitsklagen gegen das Mobilitätspaket erhoben, das im Jahr 2020 vom Unionsgesetzgeber, d.h. vom Parlament und vom Rat, erlassen wurde.
Diese Mitgliedstaaten wendeten sich insbesondere gegen
- das Verbot für Fahrer, ihre regelmäßige wöchentliche Ruhezeit oder ihre Ausgleichsruhezeit im Fahrzeug zu verbringen;
- die Verpflichtung der Verkehrsunternehmen, die Arbeit ihrer Fahrer so zu planen, dass diese in der Lage sind, während der Arbeitszeit alle drei oder vier Wochen zur Betriebsstätte des Unternehmens oder zu ihrem Wohnsitz zurückzukehren, um dort mindestens ihre regelmäßige wöchentliche Ruhezeit oder ihre Ausgleichsruhezeit zu beginnen oder zu verbringen;
- die Vorverlegung des Zeitpunkts des Inkrafttretens der Verpflichtung zum Einbau intelligenter Fahrtenschreiber der zweiten Generation sowie allgemein die Festlegung des Zeitpunkts des Inkrafttretens des oben genannten Verbots und der oben genannten Verpflichtung;
- die Verpflichtung, wonach Fahrzeuge, die in der grenzüberschreitenden Beförderung eingesetzt werden, alle acht Wochen zu einer der Betriebsstätten im Niederlassungsmitgliedstaat des betreffenden Verkehrsunternehmens zurückkehren müssen;
- die Wartezeit von vier Tagen, in der (gebietsfremde) Kraftverkehrsunternehmen nach einem Kabotagezyklus in einem Aufnahmemitgliedstaat nicht berechtigt sind, Kabotagebeförderungen mit demselben Fahrzeug im selben Mitgliedstaat durchzuführen;
- die Einstufung der Kraftfahrer als „entsandte Arbeitnehmer“, wenn sie Kabotagebeförderungen, Beförderungen von einem Mitgliedstaat in einen anderen, von denen keiner der Niederlassungsmitgliedstaat des Verkehrsunternehmens ist (sogenannte „Beförderungen im Dreiländerverkehr“), oder bestimmte Beförderungen im kombinierten Verkehr durchführen, so dass ihnen die im Aufnahmemitgliedstaat geltenden Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, insbesondere hinsichtlich des Entgelts, zugutekommen.
Mit seinem Urteil vom 4. Oktoberweist der Gerichtshof die Klagen ab, „soweit sie sich nicht gegen die Verpflichtung betreffend die Rückkehr der Fahrzeuge richten, die er für nichtig erklärt. Das Parlament und der Rat haben nämlich nicht dargetan, dass sie beim Erlass dieser Maßnahme über ausreichende Informationen verfügten, die es ihnen ermöglichten, die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme zu beurteilen“, lautet
Im Übrigen weist der Gerichtshof das Vorbringen der klagenden Mitgliedstaaten zurück, das insbesondere die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung, das Diskriminierungsverbot, die gemeinsame Verkehrspolitik, den freien Dienstleistungsverkehr, die Niederlassungsfreiheit, den freien Warenverkehr, die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sowie den Umweltschutz betrifft. Nach seiner Auffassung hat der Unionsgesetzgeber die Grenzen seines weiten Gestaltungsspielraums in diesem Bereich nicht offensichtlich überschritten.
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Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V. begrüßte grundsätzlich begrüßt das Urteil des EuGH. Er habe insbesondere klargestellt, dass die EU-Dienstleistungsfreiheit nicht unbeschränkt gelte und Transportdienstleistern für das dauerhafte Erbringen von Leistungen in anderen EU-Mitgliedstaaten die Freiheit zur Niederlassung über Tochtergesellschaften offenstehe. Der Verband sieht darin die Bestätigung seines langjährigen Einsatzes für mehr Wettbewerbsgleichheit und für den Kampf gegen Sozialdumping im europäischen Straßengüterverkehr.
„Bedauerlicherweise hat das Gericht jedoch die Verpflichtung aufgehoben, dass Fahrzeuge spätestens alle acht Wochen in den Niederlassungsstaat zurückkehren müssen. Laut Pressemitteilung des EuGH habe der Unionsgesetzgeber nicht dargetan, dass er über ausreichende Informationen verfügte, die es ihm ermöglichte, die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme zu beurteilen“, heißt es in einer Mitteilung. Der BGL fordert deswegen die Europäische Kommission auf, nach einem „Impact Assessment“ (Studie über die Auswirkungen) so schnell wie möglich einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, damit die EU-Gesetzgeber (Rat und Europäisches Parlament) die Rückkehrpflicht wieder zu einem Bestandteil des Mobilitätspakets machen können. BGL-Vorstandssprecher Prof. Dr. Dirk Engelhardt erklärte: „Jetzt muss der Unionsgesetzgeber rasch nachjustieren und besser begründen, weshalb dieser Punkt für die Wirksamkeit des Gesamtpaketes unerlässlich ist. Denn angesichts der zahlreichen dauerhaft im EU-Ausland stationierten Lkw-Flotten bleibt hier ein Einfallstor für Missbrauch und unfaire Wettbewerbspraktiken offen. Diese Flanke muss durch die Politik zügig geschlossen und die Verhältnismäßigkeit der Rückkehrpflicht klar begründet werden. Im Übrigen wird es für alle Mitgliedstaaten jetzt darauf ankommen, das Mobilitätspaket durch effektive Kontrollen in die Praxis umzusetzen.“