Das Julius Kühn-Institut (JKi) und der Pflanzenschutzdienst Hessen weisen erstmals den bakteriellen SBR-Erreger in Zwiebeln nach. Als Überträgerinsekt steht die Schilf-Glasflügelzikade unter Verdacht.
Landwirtschaftliche Betriebe, die in Deutschland Zuckerrüben oder Kartoffeln anbauen, sind laut JKI besorgt, denn es gilt inzwischen als gesichert, dass die Schilf-Glasflügelzikade nicht nur die Erreger der SBR-Krankheit auf Zuckerrüben überträgt, sondern auch Kartoffeln infiziert. In beiden Kulturen führt die Bakterien-Infektion zu Qualitätseinbußen und Ertragsverlusten. Doch damit nicht genug, nun wurde das Proteobakterium mit dem Namen Candidatus Arsenophonus phytopathogenicus auch in Gemüsezwiebeln in Hessen gefunden. Der Erstnachweis gelang Forschenden des JKI in Dossenheim in Kooperation mit dem Pflanzenschutzdienst in Hessen.
Obwohl der Erstnachweis eines Bakteriums in der neuen Kulturpflanzenart Zwiebel wissenschaftlich gesehen ein positives publikationswürdiges Ergebnis darstellt, dürfte die Nachricht Landwirtinnen und Landwirten negativ aufstoßen. „Unser Fund des Bakteriums in Zwiebelproben eines Anbauers in Hessen zeigt, dass wir die Schilf-Glasflügelzikade als mögliche Überträgerin im Blick behalten müssen, vor allem dort, wo Zuckerrüben und Kartoffeln in der Fruchtfolge stehen“, sagt Eva Therhaag vom Julius Kühn-Institut. „Derzeit können wir noch nicht abschätzen, ob die Krankheitssymptome, die wir an Zwiebeln beobachten, tatsächlich auf das nachgewiesene Bakterium zurückzuführen sind“, ergänzt die JKI-Forscherin.
Angesichts der bisherigen Krankheitsverläufe an Zuckerrübe und Kartoffeln, seien die Sorgen der Landwirtschaft jedoch mehr als berechtigt. „Die Forschung darf nicht nachlassen bei der Aufklärung der komplexen Beziehungen zwischen den Bakterien, die die Krankheit verursachen, den Insekten, die sie übertragen und den Pflanzen, die potenziell von Überträgerinsekten besucht und mit den Bakterien infiziert werden“, sagt Prof. Dr. Jürgen Gross vom JKI. Der Leiter des Fachinstituts für Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau hat jahrzehntelange Erfahrung, wenn es darum geht zu verstehen, wie Pflanze, Insekt und Schadorganismus mittels Infochemikalien, also flüchtigen Substanzen, kommunizieren. Im Obst- und Weinbau werden bereits bestimmte Infochemikalien dazu eingesetzt, Insekten gezielt zu vergrämen, ihre Vermehrung zu stören oder sie sogar abzutöten. Solche Ansätze wären auch zur Bekämpfung der Zikade denkbar.
Um diese Ansätze auszuloten, wird das JKI in den nächsten Jahren als Kooperationspartner im Rahmen des Programms für Europäische Innovationspartnerschaft (EIP) der Länder Hessen und Rheinland-Pfalz mitwirken. Dabei wird auch die Epidemiologie der übertragenen Erreger studiert.
Die Infektion von Zuckerrüben mit Bakterien und/oder Phytoplasmen (zellwandlose Bakterien), bekannt als „Syndrom Basses Richesses“, sorgt für erheblich niedrigere Zuckergehalte im Erntegut. Vor zwei Jahren wurde die Krankheit erstmalig auch an Kartoffeln beobachtet. Im März 2024 hat das Julius Kühn-Institut im Rahmen des durch die UNIKA finanzierten GeKaPent-Projekts („Gefährdung des Kartoffelanbaus durch die Schilf-Glasflügelzikade“) wissenschaftlich belegt, dass beide Erreger durch die erwachsenen Zikaden auf die Kartoffel übertragen werden. Dabei gab es auch Hinweise, dass nicht alle Kartoffelsorten gleich stark betroffen sind. In einem Wahlversuch konnte Projektmitarbeiterin Eva Therhaag zeigen, dass die Zikade ihren gesamten Lebenszyklus auch an der Kartoffel vollziehen kann und damit die Kartoffel nicht nur Nahrungs- sondern auch Wirtspflanze ist. Die bakterielle Kartoffelknollenwelke ist ein noch wenig bekanntes Krankheitsbild. Ihre Symptome können leicht mit denen anderer Kartoffelkrankheiten verwechselt werden. Befallene Kartoffeln weisen weniger Stärke und mehr Saccharose auf, außerdem können sogenannte Gummiknollen entstehen.