Am 24. Juli 2024 wandte sich der Deutsche Kartoffelhandelsverband e.V. (DKHV) mit einem Informationsschreiben „Nachhaltigkeitsanforderungen und -zertifizierungen entlang der Lieferkette“ an landwirtschaftliche Verbände, Erzeugerorganisationen der Kartoffel sowie weitere Akteure in der Kartoffelwertschöpfungskette und im Obst- und Gemüsebereich.
„Für unsere Mitgliedsbetriebe ist Nachhaltigkeit nicht verhandelbar. Die Einhaltung geltender Sozial- und Umweltvorschriften ist ein Muss. Wir benötigen jedoch ganzheitliche und gemeinsame Ansätze, um Mehrwerte für alle Beteiligten und die Umwelt zu schaffen. Privatrechtliche Nachhaltigkeitsanforderungen dürfen keinesfalls die nationale und internationale Vermarktungsfreiheit einschränken“, betont Präsident Thomas Herkenrath.
Die zunehmenden gesetzlichen Anforderungen aus dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und der neuen EU-Richtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive, so heißt es, würden die nicht-finanziellen Berichtspflichten betroffener Unternehmen tiefgreifend verändern. Besonders besorgniserregend seien jedoch die privatrechtlichen Anforderungen. Unternehmen, die im öffentlichen Interesse stehen, formulieren zunehmend eigene Nachhaltigkeitsziele, die sich auf Umweltauswirkungen und soziale Standards konzentrieren. Der Lebensmitteleinzelhandel fokussiere seine Nachhaltigkeitszielsetzung auf die vorgelagerten Handelsstufen. Die heimische Landwirtschaft werde dabei als besonders anfällig für Sozial- und Umweltverstöße sowie als Hauptemittent von CO2- Emissionen angesehen. Dies führe zu einer erheblichen Belastung der Landwirtschaft im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie. Es entstünden immer mehr privatrechtliche Nachhaltigkeitszertifizierungen, deren Ansätze stark variieren, von wissenschaftlich fundierten über wirtschaftlich motivierte bis hin zu Stakeholder- oder Geldgeber-getriebenen Konzepten. Wichtige Diskussionen über Mehrwerte in der Lieferkette oder zusätzliche Einnahmen würden hierbei oft zurückgestellt.
Spätestens ab 2025 werde der externe Nachweis zu einer zusätzlichen Markteintrittsanforderung, ohne die eine Belieferung in die bewährten Lieferketten nicht mehr möglich sein wird. Die Umsetzung der erweiterten Kundenanforderungen sei ein wesentlicher Bestandteil der Liefervereinbarungen und müsse in der Lieferkette durchgereicht werden. „Das Endergebnis ist Agrarpolitik durch die Hintertür“, so Herkenrath. Um diese Entwicklungen aktiv zu begleiten und weitere bürokratische sowie wirtschaftliche Hürden zu verhindern, sei es unerlässlich, dass die landwirtschaftliche Basis und ihre gewählten Vertreter ihre Interessen in den relevanten Gremien einbringen. Als Bindeglieder und Kommunikationsbrücke zwischen Einzelhandel und Landwirtschaft wünschen sich die Mitglieder des DKHV eine lebendige und fachliche Auseinandersetzung. „Die Herausforderungen unserer Zeit lassen sich nur gemeinsam lösen und nicht nach dem Prinzip eines Wasserfalls, bei dem oben etwas ausgekippt wird und unten unweigerlich aufgefangen werden muss. Es braucht dringend ein intensiveres Miteinander und mehr Kooperationen“, fordert Herkenrath abschließend. Das komplette Informationsschreiben an die Verbände finden Sie hier.