Das Bundesverwaltungsgericht hat am 27. Februar die Revision gegen die von den örtlichen Verwaltungsgerichten geforderten Fahrverbote zurückgewiesen. Städte können Fahrverbote für Dieselautos zur Luftreinhaltung verhängen. Es soll Übergangsfristen und eine phasenweise Einführung von Fahrverboten geben. Zu dem Urteil erklärte der Handelsverband Deutschland (HDE), dass der Handelsstandort Innenstadt für Logistik und Kunden erreichbar bleiben müsse und ein ganzheitliches Konzept für eine Verkehrswende gefragt sei.
„Fahrverbote haben negative Auswirkungen für den Handel und die Innenstädte. Die Händler sind darauf angewiesen, dass ihre Ware und die Kunden unkompliziert zu ihnen kommen können“, so HDE-Präsident Josef Sanktjohanser. In einer aktuellen HDE-Umfrage äußerten über drei Viertel der Händler an potenziell betroffenen Standorten Sorgen vor Umsatzverlusten durch Fahrverbote. Schon seit einigen Jahren kämpfen sie in vielen Stadtzentren mit rückläufigen Kundenzahlen. Fahrverbote könnten diese Entwicklung nun weiter verstärken und alle Bemühungen um vitale Innenstädte konterkarieren. Denn die Kunden könnten sich auf die Grüne Wiese oder den Onlinehandel umorientieren, heißt es vom HDE weiter. „Attraktive Innenstädte brauchen saubere Luft. Aber mit Fahrverboten macht man kaputt, was vielerorts über die vergangenen Jahre aufgebaut wurde“, so Sanktjohanser weiter.
Es gelte nun, die Verkehrswende ernsthaft in Angriff zu nehmen und die sich daraus ergebenden Chancen zu nutzen. Sanktjohanser: „Die Politik muss die Weichen stellen, um alternative Logistikdienstleistungen und neue Antriebsformen stärker zu fördern.“ Der Handel und seine Dienstleister erbringen schon heute ihren Beitrag für eine möglichst saubere und effiziente Anlieferung der Waren. Die staatliche Förderung müsse nach Auffassung des HDE antriebsneutral erfolgen. Eine einseitige Konzentration auf Elektromotoren mache keinen Sinn. Darüber hinaus sollten die Vorgaben für eine Belieferung bei Nacht gelockert werden, sodass der Verkehr am Tag entzerrt werden könnte. Beim Kundenverkehr stehe der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs im Fokus. Mit Sorge betrachte der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) die möglichen Folgen der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG). Sollten die Kommunen das Urteil jetzt als Grundlage für weitere Verkehrsbeschränkungen nutzen, werden Speditionen und Paketlogistiker trotz moderner Fahrzeugflotten ihren Versorgungsauftrag für den innerstädtischen Handel und die Wohnbevölkerung nur noch eingeschränkt erfüllen können, heißt es in einer Mitteilung.
Der DSLV sehe dringenden Handlungsbedarf der Kommunen zur Reduzierung von Luftschadstoffen und erkenne an, dass auch der Verkehr zur Verbesserung der Luftqualität und zum Gesundheitsschutz beitragen müsse. Eine wachsende Zahl von Logistikdienstleistern, die täglich Handel (‚B2B') und private Haushalte (‚B2C') beliefern, erprobe deshalb schon seit längerem Zustellalternativen, wie gasbetriebene Fahrzeuge und die Elektromobilität. Das Engagement der Speditions- und Logistikbranche werde derzeit aber noch zu sehr durch mangelnde Verfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit ökologisch nachhaltiger Technologien beschränkt. Sollte es zu Dieselfahrverboten in Stadtzentren kommen, drohen nicht nur Versorgungsengpässe. Technisch hochwertige und bereits emissionsarme Diesel-Fahrzeuge jüngerer Generationen würden unmittelbar entwertet. Deshalb begrüße der DSLV zumindest den vom Gericht im Urteil verankerten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der die Städte zwingen soll, Maßnahmen und Konsequenzen sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Hierzu gehöre auch die sukzessive Ausdehnung von Fahrverboten, die zunächst nicht für moderne Euro V-Lieferfahrzeuge gelten sollen.