Die Lieferanten und Dienstleister der Lebensmittelbranche müssen in diesem Jahr mit einem höheren Risiko für Zahlungsausfälle und -verzögerungen bei Geschäften mit europäischen Abnehmern rechnen. Auch bei Kunden aus Deutschland nehmen die Unsicherheiten zu. Das geht aus einer aktuellen Branchenanalyse des internationalen Kreditversicherers Atradius hervor. Für die deutsche Lebensmittelbranche rechnet Atradius in diesem Jahr mit einem Anstieg der Insolvenzen von bis 2 % gegenüber 2019. Auch im Segment Obst und Gemüse werden steigende Zahlungsrisiken erwartet.
Der Kreditversicherer hat zudem eine hohe Zahl von Betrugsversuchen bei Abnehmern aus den Bereichen Fisch sowie Obst und Gemüse festgestellt. In den meisten Fällen wurde hierbei eine relativ hohe Anzahl an Waren bestellt mit der Absicht, diese nicht zu bezahlen und sich den Gläubigern zu entziehen. Die Auftraggeber verlangten dabei stets Rechnungen mit Zahlungsziel.
'Insgesamt kann man die wirtschaftliche Situation der europäischen Lebensmittelbranche aktuell noch als stabil bewerten', sagt Michael Karrenberg, Regional Director Risk Services Germany, Central, North, East Europe & Russia/CIS von Atradius. 'Der Sektor verhält sich in unsicheren Zeiten nicht zyklisch - gegessen wird immer. Aber die Branche ist anfällig für unvorhersehbare Ereignisse, dazu zählen etwa schwankende Rohstoffpreise oder auch Seuchen. Dazu kommt noch das sich verändernde Konsumverhalten. Verbraucher hinterfragen bei Nahrungsmitteln immer mehr die Inhalte, die Produktionsprozesse und die Lieferketten hinsichtlich Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit. Auch das setzt die Hersteller zunehmend unter Druck.'
Die Zunahme der Insolvenzen in der deutschen Lebensmittelbranche ist aus Sicht von Atradius auf die anhaltenden schwierigen Bedingungen im hiesigen Markt zurückzuführen. Trotz zunehmender Verkaufszahlen sind die Margen im vergangenen Jahr abermals gesunken, u.a. wegen steigender Herstellungskosten und eines intensiven Wettbewerbs. In den kommenden sechs Monaten dürfte sich der Druck auf die Erträge weiter vergrößern. Die Verschuldung vieler Firmen ist hoch, ebenso ihre Abhängigkeit von Bankenfinanzierungen. Die Kreditinstitute bleiben weiterhin restriktiv bei der Vergabe von Darlehen an Akteure aus dem Lebensmittelsektor.
Die italienische Nahrungsmittelbranche gilt als relativ widerstandsfähig, begünstigt durch einen positiven Kreditzyklus, der das Risiko von Liquiditätsengpässen mindert. Die Rentabilität ist jedoch weiterhin verhältnismäßig gering. Der Konsolidierungsprozess, der 2019 schon zu sehen war, wird sich in diesem Jahr wohl fortsetzen.