Premium sollte viele Kriterien vereinen und sich nicht nur im Preis unterscheiden. Vier Chancen für Premium-Produkte in der O+G-Branche hat myfruit-Chefredakteurin Raffaella Quadretti in einer Online-Diskussionsrunde mit ihren fünf Gesprächspartnern anhand konkreter Beispiele erörtert.
1. “Das Markenversprechen halten. Immer.”
Eine Premium-Marke müsse das Markenversprechen gegenüber den Konsumenten halten – eine schwierige Aufgabe, wie Germano Fabiani betonte, der bei Coop Italien für Obst und Gemüse verantwortlich ist - Obst und Gemüse sei schließlich dem Klima ausgesetzt. Sein Vorschlag: Qualitativ unzureichende Ernten “umgehen”. Denn: ”Das Versprechen muss eingehalten werden. Immer”, so Fabiani. Qualität sei auch mit Erschwinglichkeit der Waren verbunden. Angesichts sinkender Kaufkraft und schwieriger werdender Produktion setze man auf Einkaufsprogramme, um die Konsumenten nicht durch hohe Preise zu verlieren.
2. Marken schaffen Identität
Giovanni Sansone, Einkaufsleiter O+G bei Dimar/Selex, betonte die Notwendigkeit von Innovation - trotz der Herausforderungen. Als Beispiel nannte er Projekte wie die Snacktomaten der Marke “Signor Datterino”: Die von Bayer Vegetables entwickelten Tomaten werden von Produzenten auf Sizilien angebaut und sollen mit ihrem eingängigen Namen und dezenten Logo für italienische Konsumenten ein Zeichen für Qualität sein, das den Geschmack genauso betrifft wie die damit verbundenen positiven Auswirkungen auf die Gesellschaft, z.B. durch die Schaffung lokaler Arbeitsplätze etc. Auch Lorenzo Trovato, Einkäufer für Frischware und TK bei der LEH-Kette Crai, betonte die Bedeutung von Marken, die eine Identität schafften, und nannte Beispiele aus dem Sortiment seines Unternehmens: „Wir setzen auf Produkte, die stärker standardisiert sind, wo die Kundenzufriedenheit leichter erreicht wird, wie zum Beispiel beim Viererpack Äpfel aus dem Vinschgau. Dieses Produkt stammt aus der besten Anbauregion, das verleiht der Marke eine Identität und wertet klassische Sorten auf, die weiterhin sehr gefragt sind”, so Trovato. Bei tropischen Früchten fahre man mit der Kombi aus reif geernteten Früchten und dem Transport per Schiff statt Flugzeug gut: ”Mehr Geschmack trotz kürzerer Haltbarkeit”, erklärt er.
3. Nachhaltig: Fokus auf saisonal und regional
Passend zum CO2-freundlicheren Transport: Nachhaltigkeit gehört ebenso ins Premium-Kaleidoskop. Daniele Arbore, der für den süditalienischen Despar-Ableger Maiora im O+G-Einkauf tätig ist, erklärte der Webinar-Runde, wie Despar mit dem Programm “Passo dopo passo” (Schritt für Schritt) eine effektive Markenstrategie umsetze. Die Positionierung betreffe dabei nicht nur das Angebot, sondern auch die Auswahl der strategischen Partner. Dazu gehöre auch, chemische Rückstände auf den Erzeugnissen zu minimieren: Das Premium-Angebot umfasse eine Auswahl, bei der die Produkte ”30 % weniger Rückstände aufweisen, als gesetzlich erlaubt”, so Arbore. Als konkrete Beispiele nannte er Äpfel und Trauben: „Die ’Passo dopo Passo’-Äpfel sind selektiert nach saisonalen Sorten, garantieren Frische, Geschmack und eine reduzierte Umweltbelastung durch kurze Lieferketten. Despar arbeitet mit italienischen Produzenten aus den besten Anbaugebieten wie Südtirol zusammen und garantiert Früchte ohne unnötige chemische Behandlungen.“ Bei Trauben arbeite man in der ersten Saisonphase mit Landwirten aus Apulien und Sizilien zusammen, die für den Traubenanbau bekannt sind. Diese setzten verstärkt biologische Schädlingsbekämpfung ein, um bestmögliche Geschmacksqualitäten zu erreichen. ”Dank der Zusammenarbeit mit lokalen Produzenten können wir dem Verbraucher ein Produkt anbieten, das weniger als 24 Stunden nach der Ernte verfügbar ist.“
4. Kommunikation als Kipp-Punkt
Trotz der Bemühungen um Premium-Produkte fehle es oft an einer klaren Vermittlung dieser Qualitäten, hob Salvo Garipoli, Geschäftsführer von SGMarketing, hervor. Es mangele daran, die Informationen über die guten Eigenschaften der Erzeugnisse zu verbreiten. Hoffnung schöpfe er aus positiven Fällen: Wenn sich Exoten in Italien etablierten etwa, wie z.B. im Falle der Avocados, oder neue Sorten bei Trauben erfolgreich angebaut würden. Deutliche Qualitätssprünge habe er auch bei Kartoffeln und Tomaten erlebt, wo die viel erwähnte Segmentierung umgesetzt werde und Kartoffeln inzwischen stärker nach Verwendung, Tomaten nach Geschmack unterschieden würden.
Nun gelte es, genau die Produkte zu fördern, die es verdienten, denn diese würden die gesamte Abteilung in ein positives Licht rücken. Man habe in der gesamten Wertschöpfungskette eine ”echte Verantwortung”, nämlich: zu handeln - und das gemeinsam. Es gebe noch viel zu tun, und dafür benötige man Mut: “Es gibt keinen Weg, wenn man nicht das notwendige Quäntchen Mut aufbringt, diesen Weg zu gehen”, so Garipoli als Abschluss der von Raffaella Quadretti geleiteten Online-Diskussion.