Die Möglichkeit, der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) unlautere Handelspraktiken (UTP) zu melden, hat sich herumgesprochen: Im vergangenen Jahr reichten Lieferanten und Organisationen der Agrar- und Ernährungsbranche elf Beschwerden bei der Behörde ein. Das geht aus dem veröffentlichten Jahresbericht 2023 hervor.
Von den elf eingegangenen Beschwerden wurden zwei von Verbänden im Auftrag betroffener Mitgliedsunternehmen eingereicht, so die BLE. Die Zahl der elf Beschwerden ist vor dem Hintergrund zu bewerten, dass die Beschwerdemöglichkeit für viele Betroffene “ultima ratio” ist. Sie machen nur dann davon Gebrauch, wenn andere Möglichkeiten ausgeschöpft sind oder sie eine Fortsetzung der Geschäftsbeziehung als wenig wahrscheinlich einschätzen. Auch hat sich bestätigt, dass Betroffene, die von den UTP-Verboten und ihrem Beschwerderecht wissen, sich mitunter vor dem Hintergrund möglicher negativer Auswirkungen auf ihre Lieferbeziehungen bewusst dagegen entscheiden.
Die BLE hat im Jahr 2023 fünf Verfahren wegen verbotener Handelspraktiken eingeleitet – zwei davon aufgrund von Beschwerden, drei von Amts wegen. Damit führte sie im Jahr 2023 insgesamt sieben Verfahren nach dem AgrarOLkG. Drei Verfahren dauern noch an, vier Fälle konnte die BLE 2023 abschließen, wobei bei keinem ein Verstoß gegen UTP-Verbote festgestellt wurde. Allerdings erreichte die BLE in zwei Verfahren, dass die Anliegen der Lieferanten von ihren Abnehmern aufgenommen und die bemängelte Vorgehensweise behoben wurde. Damit konnte die BLE auf die Abstellung der bemängelten Praxis hinwirken, ohne dass es zu einem Gerichtsverfahren kam. In den beiden Verfahren ging es um Preisveränderungen einer Erzeugerorganisation und um Retouren des LEH von nicht verkauftem Obst und Gemüse mit einhergehenden Rechnungskürzungen.
Neben der Bearbeitung der Verfahren bildete 2023 der Austausch mit anderen Europäischen Durchsetzungsbehörden sowie mit Unternehmen und Verbänden weiterhin eine wichtige Aufgabe. In rund 40 Fällen hat die BLE Unternehmen bei der Einhaltung der UTP-Verbote unterstützt.
Wie auch 2022 ergaben die Rückmeldungen aus der Branche ein gemischtes Bild: Einerseits erklärten Lieferanten, dass die UTP-Verbote und die BLE-Arbeit konkrete Verbesserungen in ihren Lieferbeziehungen gebracht hätten. Andererseits berichteten Unternehmen von Schwierigkeiten bei der Anwendung des Gesetzes, beispielsweise hinsichtlich der Umsatzschwellen sowie von einem nicht vorhandenen Schutz des AgrarOLkG gegen einige Praktiken ihrer Abnehmer. Besonders häufig wurden diesbezüglich kurzfristige Bestellungen und übermäßig hohe Vertragsstrafen genannt.
“Die Mehrheit der befragten Marktteilnehmer kennt die BLE als UTP-Durchsetzungsbehörde und nimmt ihre Arbeit als insgesamt positiv wahr”, so BLE-Präsidentin Dr. Margareta Büning-Fesel.
Dies bestätigt der im November 2023 veröffentlichte Evaluationsbericht des BMEL, in den die BLE ihre bisherigen Erfahrungen bei der praktischen Anwendung des AgrarOLkG eingebracht hatte. Der Bericht zeigt erste Verbesserungen durch das AgrarOLkG auf, bestätigt die grundsätzliche Wirksamkeit der UTP-Verbote und macht deutlich, dass die BLE sich als Durchsetzungsbehörde etablieren konnte.