Baumkulturen – z.B. Äpfel, Kirschen, Oliven, Nüsse, Kaffee und Kakao – bedecken weltweit mehr als 183 Mio ha, werden aber in der Agrarpolitik weitgehend übersehen. Dabei spielen sie eine entscheidende Rolle für die UN-Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs).
Ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung der Universität Göttingen betont, dass diese Kulturen nicht nur für die Ernährung der Welt und für die Weltwirtschaft unverzichtbar sind, sondern auch ein immenses Potenzial für den Schutz der biologischen Vielfalt und des Klimas bergen sowie die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen weltweit verbessern.
Das Forschungsteam fordert die Politik dazu auf, gezielte Programme zur Förderung nachhaltiger Landwirtschaft mit Baumkulturen zu entwickeln. Die Agrarpolitik konzentriert sich in der Regel auf einjährige Kulturen wie Weizen, Sonnenblumen oder Reis, deren Lebenszyklus viel kürzer ist. Zwar sind nachhaltige Strategien bei diesen Systemen auch wichtig, doch ihr ökologischer Nutzen ist wegen der einfachen Vegetation und der kurzen Erntezyklen oft begrenzt. Baumkulturen hingegen stabilisieren mit ihren Wurzeln den Boden, verringern Treibhausgase und bieten stabile Lebensräume, die bei nachhaltiger Bewirtschaftung die biologische Vielfalt fördern können. Außerdem erfordern sie in der Regel mehr Handarbeit, was besonders in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen wichtige Arbeitsplätze bietet.
„Die Anbauflächen für Baumkulturen überschneiden sich mit vielen artenreichen Gebieten, was sie zu einem Schlüssel für die Erhaltung von Biodiversität macht. Es sind jedoch lokale Maßnahmen nötig, die an die unterschiedlichen Gegebenheiten angepasst sind. Wir fordern maßgeschneiderte Strategien und weitere Forschung, um eine nachhaltige Bewirtschaftung von Baumkulturen zu gewährleisten“, erklärt Dr. Elena Velado-Alonso von der Abteilung Funktionale Agrobiodiversität und Agrarökologie der Universität Göttingen.
„Wir verpassen sonst die Chance, Baumkulturen zu nutzen, um einige der größten ökologischen und sozialen Herausforderungen unserer Zeit anzugehen“, ergänzt Erstautor Dr. Carlos Martínez-Núñez von der Biologischen Station Doñana. „Richtig bewirtschaftet können diese Systeme die Biodiversität schützen, den Klimawandel bremsen, Armut lindern und jährlich etwa 1.000 Mio t Lebensmittel liefern.“
„Dieser Aufruf zum Handeln ist ein wichtiger Schritt, um die Rolle der Landwirtschaft für eine gerechtere und nachhaltigere Zukunft neu zu denken“, fügt Velado-Alonso hinzu.