Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, geht ordnungsrechtlich gegen unfaire Handelsbeziehungen vor und stärkt die Marktposition kleinerer Lieferanten und landwirtschaftlicher Betriebe. Das Bundeskabinett hat am 18. November der entsprechenden Gesetzesänderung des Bundeslandwirtschaftsministeriums zugestimmt.
Kleinere Erzeuger seien aufgrund des Marktungleichgewichts häufig unfairen Vertragsbedingungen ausgesetzt. Denn im Gegensatz zur Vielfalt auf der einen Seite stehe ihnen auf der anderen der hoch konzentrierte LEH gegenüber. So verfügen die vier größten Handelsketten über eine Marktmacht von über 85 %. Das hat dazu geführt, dass sich Praktiken etabliert haben, die Erzeuger klar benachteiligen, z.B. kurzfristige Stornierungen, lange Zahlungsziele für verderbliche Waren oder einseitige Änderungen der Lieferbedingungen. Diese unlauteren Handelspraktiken werden nun verboten, so Klöckner.
„Mit dem Gesetz schaffen wir Augenhöhe, stärken die regionale Produktion und den Wettbewerb. Häufig blieb kleinen Lieferanten nichts Anderes übrig, als die unfairen Handelsbedingungen zu akzeptieren – wollten sie nicht ausgelistet werden. Das wird nun ein Ende haben! Oder anders ausgedrückt: Damit gewinnt David gegenüber Goliath deutlich an Stärke.“
Vom DBV heißt es dazu: „Das Gesetzgebungsverfahren muss nun zügig abgeschlossen werden. Wettbewerbsschädliche Konzentrationen im LEH und teilweise in den vorgelagerten Stufen führen zu Wertschöpfungsverlusten in der Landwirtschaft und bewirken die Gefahr missbräuchlicher Ausnutzung konzentrierter Nachfragemacht. Der Gesetzentwurf des BMEL stärkt die Position der Landwirte in der Lieferkette. Unlautere Handelspraktiken müssen endlich ein Ende haben“, so Präsident Joachim Rukwied. Eine langjährige Forderung des Deutschen Bauernverbandes bestehe daher in einer klareren Abgrenzung zwischen hartem Verhandeln und Missbrauch von Marktmacht in der Lebensmittellieferkette. Die EU habe dafür mit der Richtlinie über unlautere Handelspraktiken eine wichtige Grundlage geschaffen, die von den Mitgliedstaaten auch weitergehend ausgestaltet werden könne. Aus Sicht des DBV müssen insbesondere die sogenannten „relativ unzulässigen“ Praktiken grundsätzlich untersagt werden. Solche Vorab-Vereinbarungen seien in der Regel nicht das Ergebnis von Verhandlungen auf Augenhöhe, sondern schieben häufig einseitig Risiken und Kosten dem schwächeren Lieferanten zu. Mit dem Kabinettsbeschluss habe man dieser berufsständischen Forderung Rechnung getragen und sei über eine reine 1:1-Umsetzung der EU-Richtlinie hinausgegangen. Dennoch bleibe die Regelung aus Sicht des DBV unvollständig, weil sie den Schutzbereich auf Lieferanten mit einer maximalen Umsatzgröße von 350 Mio Euro begrenze.
Franz-Josef Holzenkamp, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV), erklärte: 'Heute wurde ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu faireren Handelsbedingungen getan.' Ebenso positiv wertet Holzenkamp, dass es Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner gelungen ist, die absoluten Verbote um zwei weitere zu ergänzen: „Gut, dass die unverlangte Rücksendung von Waren und die Abwälzung von Lagerkosten nun ebenfalls nicht mehr vertraglich verhandelbar sind. Dies bietet weiteren Schutz.“ Hoffnung setzt der Raiffeisenverband zudem auf die Durchsetzungsbehörde, die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), und deren gute personelle Ausstattung. „Die Regelungen gegen unfaire Handelsbedingungen können nur greifen, wenn sie in der Praxis auch angewendet werden und die Durchsetzungsbehörde im Wege eigener Ermittlungen gegen Verstöße vorgeht“, betont Holzenkamp. Kritisch sieht der DRV-Präsident den nach wie vor eingeschränkten Anwendungsbereich der gesetzlichen Regelungen, da fairer Wettbewerb keine Frage der Umsatzhöhe sein darf. Zu hinterfragen ist auch, wer den Nachweis einer Verletzung der Verbote führen muss. Diese Punkte werden im nun folgenden Gesetzgebungsverfahren noch zu diskutieren sein.