Wissenschaftlerin und Insektenkundlerin Dr. Silvia Schmidt erklärt auf der FRUIT LOGISTICA, wie Sensorfallen und KI den Einsatz von Insektiziden effizienter und nachhaltiger machen können.

Dr. Silvia Schmidt erklärt auf der FRUIT LOGISTICA, wie Sensorfallen und KI den Einsatz von Insektiziden effizienter und nachhaltiger machen könne

Dr. Silvia Schmidt 

Image: Messe Berlin

Insekten sind die artenreichste Gruppe von Lebewesen. Sie spielen eine zentrale Rolle in vielen Ökosystemen, da sie nicht nur Bestäuber sind, sondern auch als Nahrung für viele andere Tiere dienen. Insekten tragen auch zur Auflockerung des Bodens bei, zersetzen organisches Material und fördern so die Nährstoffversorgung.

In der Fruchtbranche treten aber auch zahlreiche Schadinsekten auf, die Obstkulturen angreifen, was zu Ernteausfällen führt. Sie kontaminieren Lebensmittel durch Ausscheidungen und übertragen Krankheitserreger. Der globale Handel und der Klimawandel begünstigen die Verbreitung eingeschleppter Schadinsekten, die heimische Arten verdrängen oder Pflanzen schädigen können.

Synthetische Insektizide reduzieren

„Um zu produzieren und den Ertrag zu sichern, müssen wir Schadinsekten bekämpfen. Diejenigen, die in der Lage sind, den Ertrag zu zerstören, müssen unter Kontrolle gehalten werden“, sagt Silvia Schmidt, Doktorin der angewandten Entomologie (Insektenkunde) und Wissenschaftlerin am Forschungszentrum Laimburg in Südtirol in Italien. Dazu gehört zum Beispiel der Apfelwickler (Cydia pomonella), einer der bedeutendsten Schädlinge im Apfelanbau oder die Kirschessigfliege (Drosophila suzukii), die vor allem Beeren befällt.

Eine nachhaltige Bekämpfung von Schadinsekten in der Landwirtschaft ist eine der grundlegenden Strategien der wissenschaftlichen Forschung am Forschungszentrum Laimburg. Übergeordnetes Ziel ist es, innovative Methoden zu entwickeln, die den Einsatz von synthetischen Insektiziden reduzieren und auf das absolut Notwendige beschränken. Am Mittwoch stellte Dr. Silvia Schmidt im Future Lab auf der FRUIT LOGISTICA biologische Methoden für die Bekämpfung von Schadorganismen vor. Als Leiterin der Arbeitsgruppe „Biologische Pflanzenschutzmethoden“ koordiniert sie ein Projekt zur Entwicklung von intelligenten Fallen.

Mehr Effizienz durch perfektes Timing

Aktuell wird die Identifizierung der Insektenarten von menschlichem Personal durch kostspielige und zeitaufwendige Besuche vor Ort durchgeführt, erklärt Silvia Schmidt. Mit Hilfe von hochauflösenden Bildern, die sich in den Fallen befinden, einer Echtzeit-Überwachung sowie Identifizierung und Zählung der Arten, kann viel Arbeitskraft eingespart werden. Außerdem gibt die Falle einen Alarm ab, wenn die für die Pflanze schädliche Insektenart entdeckt wurde und empfiehlt das Timing für den Einsatz von chemischer oder biologischer Schädlingsbekämpfung. Das perfekte Timing für die Bearbeitung variiert je nach Art des Schadinsekts.

Derartige intelligente Fallen und der punktuelle Einsatz von Insektiziden können dazu führen, dass die Ernteverluste eingedämmt, chemische Rückstände in Produkten reduziert, Produktionskosten, CO₂-Emissionen und insgesamt die Kosten durch Schädlingsbekämpfung und Präventionsmaßnahmen gesenkt werden können. „Bei der KI in der Landwirtschaft geht es nicht nur um die Steigerung der Erträge. Es geht darum, die Landwirtschaft für künftige Generationen nachhaltiger und effizienter zu machen“, sagt Silvia Schmidt.

Fortschrittliche Verarbeitung der Fallendaten

In den vergangenen Jahren wurden unterschiedliche Prototypen entwickelt. Direkt im Anschluss an den Vortrag von Dr. Silvia Schmidt im Future Lab (Halle 7.2a) stellte die slowenischen Firma EFOS auf der Farming Forward Bühne (Halle 3.1) ihre Plattform Trapview vor, die Ergebnisse des Forschungszentrum Laimburg zur Überwachung und Prognose von Schädlingen nutzt. Die fortschrittliche Verarbeitung der Fallendaten auf Basis künstlicher Intelligenz hilft Kundinnen und Kunden dabei, ein genaues und zeitnahes Verständnis der Schädlingspopulationsdynamik sowie eine Prognose der Schädlingsentwicklungsstadien in einem bestimmten Gebiet zu erhalten. Mit Trapview werden weltweit mehr als 60 verschiedene Insektenarten überwacht.

Im Future Lab der FRUIT LOGISTICA werden in kompakten halbstündigen Sessions innovative Lösungen vorgestellt, mit denen es gelingt, Ernten trotz schwieriger Umweltbedingungen abzusichern und Lebensmittelverluste zu senken. Die Diagnose und umweltfreundliche Bekämpfung neu auftretender pilzlicher Krankheitserreger zählt ebenso dazu wie die Identifizierung genetischer Marker, die es ermöglichen, den Blühzeitpunkt von Kern- und Steinobst zu steuern. Das gesamte Programm finden Sie hier: https://www.fruitlogistica.com/de/events/#.