Drohnen, die autonom durch Gewächshäuser fliegen und Ertragsprognosen erstellen? Oder Pflanzen, die dem Anbauer sagen, mir gehts nicht gut, ich brauche Wasser oder Dünger? Das ist keine Zukunftsmusik, sondern schon jetzt technisch umsetzbar.

In praxisnahen Versuchsreihen stellt die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) am Gemüsebauversuchsbetrieb in Bamberg aktuelle Technik auf den Prüfstand. Zielsetzung ist, den Erwerbsanbauern verlässliche Empfehlungen zum Technikeinsatz geben zu können, um Ertragsausfall und damit wirtschaftliche Risiken zu minimieren, so die Mitteilung der LWG.

Bestandsmonitoring durch Drohneneinsatz

Drohnenflug über Salat - LWG

Rund 12 ha Salat werden allein im Freistaat unter Glas angebaut. Eine manuelle Sichtkontrolle, um Ausfall, Krankheiten oder Schädlinge zu erkennen, ist unmöglich. Drohnentechnik und Künstliche Intelligenz (KI) sollen den Anbauer hier künftig unterstützen.

Image: LWG

Der geschützte Anbau von Salatkulturen in Bayern steigt kontinuierlich: So wird aktuell auf rund 12 har Salat unter Glas, vor allem im Nürnberger Knoblauchsland, angebaut. Würde man die so erzeugte Salatmenge klassisch im Freiland anbauen, müsste man eine Fläche von über 400 ha bewirtschaften. Der Großteil des Salates unter Glas wird erdelos im sogenannten hydroponischen Produktionsverfahren angebaut. Dabei werden die Salatwurzeln mit Wasser und Dünger in einem geschlossenen Kreislauf permanent versorgt. Mit bis zu 300 Salatköpfen pro Quadratmeter und Jahr ist dieses Anbauverfahren zwar außerordentlich intensiv, gleichzeitig aber auch sehr ressourcensparend sowie zeit- und witterungsunabhängig. Allerdings verlangt dieser Anbau optimale Anbaubedingungen und ein ständiges, sorgfältiges Monitoring mit dem Ziel einer Schadensvorbeugung.

Anbaubedingungen und sorgfältiges Monitoring 

Durch die Größen der Anbauflächen gestaltet sich die Überwachung, also die manuelle Sichtung auf beispielsweise Schadbefall bzw. notwendige Düngeoptimierung, sehr zeit- und personalaufwendig. In einem so bundesweit einmaligen Pilotprojekt untersucht die LWG in Bamberg daher den Einsatz von autonom fliegenden Drohnen für das Bestandsmonitoring. Neben einer frühzeitigen Erkennung und Validierung von Schädlingen und Krankheiten werden dabei auch Wachstumsparameter, wie etwa die Kopfgröße, erfasst, um künftig auch zuverlässige Ertragsprognosen zu erhalten. Dazu wird am LWG-Gemüsebauversuchsbetrieb in Bamberg unter Praxisbedingungen im Folienhaus auf rund 25 m² Salat im Hydroponik-Verfahren angebaut.

Die so angebauten Salatpflanzen wachsen somit auf natürliche Weise und ohne notwendigen menschlichen Eingriff. Einmal pro Tag wird der Salat von einer Drohne vollautomatisch beflogen und dabei Bildsequenzen erstellt. Diese werden anschließend mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) ausgewertet. Anomalien, wie beispielsweise Ertragsausfall, Blattverfärbungen oder Schädlingsbefall werden umgehend detektiert. Der Anbauer hat so die Anbauflächen kontinuierlich im Blick und die Möglichkeit, durch eine frühzeitige Problemerkennung rechtzeitig Maßnahmen, wie Klimasteuerung, Pflanzenschutz oder Düngeoptimierung, anzuwenden. Dadurch kann ein Ertrags- und somit Umsatzausfall vorgebeugt oder zumindest begrenzt werden. Angestrebt ist zudem eine auf das aktuelle Wachstumsstadium basierende Ernteprognose.

Sensortechnik im Tomatenanbau

Besonders bei reifen Tomaten tritt die sogenannte Blütenendfäule auf und macht sich dabei durch braune und faule Stellen bemerkbar. Dadurch ist die Tomate nicht mehr vermarktungsfähig und dies führt bei den Anbauern teils zu nicht unerheblichen Umsatzeinbrüchen. Aktuell läuft deshalb am Gemüsebauversuchsbetrieb der Landesanstalt in Bamberg eine Versuchsreihe mit vier Fleischtomatensorten. Neben einem Sortenvergleich soll dabei mit dem Einsatz von Sensortechnik eine Vorhersage der Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Kalziummangel getroffen werden. Denn dieser Mangel ist maßgeblich für das Auftreten von Blütenendfäule an den Früchten verantwortlich. Der Kalziummangel tritt vor allem zu Beginn des Sommers, wenn die Tage lang und heiß sind, auf. Die Pflanze kann dabei nicht genug Wasser und Nährstoffe von der Wurzel in die Früchte transportieren. Um Ausfällen vorzubeugen, kann der Anbauer mit entsprechender Düngung und einer Drosselung des Wachstums, zum Beispiel durch Erhöhung der Luftfeuchtigkeit oder mit einer Temperaturabsenkung, reagieren.

Diese Wachstumsdrosselung führt jedoch zu einem Ertragsrückgang. Deshalb ist die frühzeitige Erkennung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Blütenendfäule entscheidend. In einem Versuch am LWG-Versuchsbetrieb in Bamberg wird daher aktuell geprüft, inwieweit einer Schädigung der Früchte durch eine frühzeitige Erkennung mithilfe der Messung von elektrophysikalischen Signalen vorgebeugt werden kann. Dazu wurden Tomatenpflanzen am Stiel mit einer Mess- und einer Referenzelektrode verkabelt, um so eine Stresserkennung zu ermöglichen. Dabei wird die sogenannte elektrische Potenzialdifferenz zwischen den beiden Elektroden berechnet. Denn Pflanzenzellen nutzen, ähnlich den Nervenzellen im menschlichen Körper elektrische Signale zur Weitergabe von Informationen. Die Kommunikationskanäle können dabei durch externe Faktoren, wie zum Beispiel Licht, Bewässerung, Krankheiten, Schädlinge oder sogar nur bei einer einfachen Berührung der Blätter gestört werden. Durch solche Stresssituationen wird die Gesundheit – und damit auch das Wachstum der Tomatenpflanze gestört.

Die Signalmessung erfolgt dabei alle paar Sekunden und liefert so in Echtzeit einen „Gesundheitscheck“ der Pflanze. Geht es der Tomatenpflanze schlecht, kann der Anbauer unmittelbar mit entsprechenden Maßnahmen wie Feinjustierung an Schattierung, Lüftung und Temperatur bzw. Anpassung der Dünge- und Wassermenge reagieren. Zusätzlich sollen mit Maschinellem Lernen, einem Teilbereich der KI, langfristig Analysemodelle erstellt werden. Ähnlich wie in der Medizintechnik sollen dabei Stressmuster vorhergesagt und dadurch Diagnosen bzw. Therapieempfehlungen ausgegeben werden. Dabei geht es speziell um die Blütenendfäule. Im laufenden Forschungsprojekt wird daher geprüft, inwieweit eine Vorhersage von Kalziummangel überhaupt möglich ist, damit der Anbauer schon vor Auftreten der Problematik, ganz nach dem Grundsatz Vorsorge ist besser als Nachsorge, handeln kann.

Mit Messelektroden verkabelte Tomatenpflanzen - LWG

Mit zwei Messelektroden wurden mehrere Tomatenpflanzen im Gemüsebauversuchsbetrieb der LWG in Bamberg verkabelt. Damit werden elektrische Signalstörungen erfasst, die auch das Pflanzenwachstum beeinträchtigen können.

Image: LWG