Führt eine Pflanzenschutzmittelreduktion zu einer geringeren Wirtschaftlichkeit und mehr Arbeitsstunden? Forschende von Agroscope zeigten im Gegenteil, dass der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel attraktiv sein kann, so die Schweizerische Eidgenossenschaft.
Der Bund fördert den Verzicht auf Herbizide, Wachstumsregulatoren, Insektizide und Fungizide im ÖLN-Anbau mit Produktionssystembeiträgen von 250 CHF bis 1.400 CHF pro Hektar, je nach Kultur. Für die Kombination aus Bio-Anbau und Pflanzenschutzmittelverzicht ergeben sich Förderbeiträge von 1.200 CHF bis 2.600 CHF pro Hektar.
Doch wann lohnt sich ein Verzicht auf Pflanzenschutzmittel? Forschende von Agroscope haben den Bio-Anbau, die Direktzahlungs-Programme ”Verzicht auf Herbizide” und ”Verzicht auf Pflanzenschutzmittel” (ehemals Extenso), sowie eine Kombination dieser Programme für Winterweizen, Zuckerrüben und Kartoffeln untersucht. Als Vergleich diente der Anbau nach ÖLN-Richtlinien. Analysiert wurde zum einen die Wirtschaftlichkeit der Anbauverfahren und zum anderen der Arbeitszeitbedarf für Feldarbeit und Betriebsführung.
Für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit wurde der Ertrag, der Erzeugerpreis sowie die Direktzahlungen für die jeweiligen Maßnahmen berücksichtigt, ebenso wie die Direktkosten, nämlich Saatgutkosten, Kosten für Pflanzenschutzmittel und Düngemittel sowie Arbeitskosten.
Beim Kartoffelanbau ließ sich die Wirtschaftlichkeit bei den angesetzten Erträgen durch den Herbizid-Verzicht im Vergleich zum ÖLN-Anbau steigern, während der Verzicht auf Insektizide keinen wirtschaftlichen Vorteil brachte. Für Winterweizen ergaben sich trotz Ertragseinbussen klare ökonomische Anreize, keine Herbizide, Wachstumsregulatoren, Insektizide und Fungizide auszubringen. Bei Zuckerrüben war der Verzicht auf Insektizide und Fungizide lohnenswerter als der ÖLN-Anbau, während die Reduktion von Herbiziden sich als ökonomisch herausfordernd erwies. In den Berechnungen dieser Studie erzielte der Bio-Anbau bei allen drei Kulturen eine höhere Wirtschaftlichkeit als der ÖLN-Anbau mit Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.
Der Arbeitszeitbedarf für jedes Anbauverfahren in jeder Kultur wurde anhand eines Arbeitszeitbedarfsmodells für Feldarbeit und eines für Betriebsführungsarbeiten berechnet. Die Annahmen, die in den Modellrechnungen getroffen wurden, sind u.a. von Expertinnen und Experten des Pflanzenschutzes so gewählt, dass sie eine typische Situation auf einem Schweizer Betrieb widerspiegeln.
Die Berechnungen zeigten geringe Auswirkungen der Reduktion bzw. des Verzichts auf Herbizide auf den gesamten Arbeitszeitbedarf (Feldarbeit und Betriebsführung), außer wenn eine manuelle Entfernung problematischer Wurzelunkräuter als nötig erachtet wurde, wie bspw. bei Winterweizen und Bio-Zuckerrüben. Der Verzicht auf andere Pflanzenschutzmittel (Insektizide, Wachstumsregulatoren und/oder Fungizide) verringerte den gesamten Arbeitszeitbedarf in allen Kulturen im Vergleich zum ÖLN- und Herbizid-reduzierten Anbau.
Der Bio-Anbau hatte in allen drei Kulturen den höchsten Arbeitszeitbedarf für die Feldarbeit, aber den geringsten Arbeitszeitbedarf für die Betriebsführungsarbeiten. Dies liege daran, dass weniger Zeitaufwand für Pflanzenschutz-relevante Aufgaben benötigt wird, wie bspw. die Planung von Pflanzenschutzarbeiten, den Einkauf von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln und Mineraldüngern, Lagerkontrollen für Pflanzenschutzmittel, Feldkontrollen und Aufzeichnungen von Pflanzenschutzanwendungen, aber auch Pflanzenschutz-Beratung.
Was kann empfohlen werden, wenn man die Arbeitszeit durch Pflanzenschutzmittelverzicht nicht erhöhen, die Wirtschaftlichkeit aber stabil halten oder steigern will? Im Fall von Winterweizen und Zuckerrüben ergeben sich Synergien für den Anbau ohne Wachstumsregulatoren, Insektizide und Fungizide und bei Kartoffeln für den Verzicht auf Herbizide und den Bio-Anbau. Die Flexibilität des heutigen Direktzahlungssystems ermögliche es, diese Synergien optimal zu nutzen.