Inflation, sinkende Kaufkraft, Energiekosten, Trockenheit: für die O+G-Branche war dies ein besonders herausfordernder Sommer. Auch in Frankreich. Bereits Ende September hatte Interfel in einer Pressekonferenz über die Auswirkungen auf die O+G-Wertschöpfungsketten gewarnt. Angesichts wirtschaftlicher und geopolitischer Unsicherheiten wolle er nicht nur die Regierung, sondern auch die Öffentlichkeit auf die dringliche Lage der O+G-Branche aufmerksam machen, die eine essentielle Rolle für die Ernährung der Bevölkerung spiele, so Präsident Laurent Grandin.
Interfel habe der französischen Regierung daher angemessene und verantwortungsvolle Vorschläge unterbreitet, welche die am stärksten betroffenen Bereiche unterstützen sollten. Dazu gehöre unter anderem, frisches Obst, Gemüse und Bananen von der Energierationalisierung auszunehmen, eine Senkung der Schwelle für die Zahlung von Hilfen und die Verlängerung dieser Maßnahmen über 2022 hinaus, um auch Erhöhungen abzufedern, die erst mit den neuen Verträgen ab 1. Januar in Kraft treten werden. Zudem sollten Anreize zur Nutzung alternativer Energien entlang der Wertschöpfungskette entwickelt werden. Es sei nun unabdingbar, ein ausreichendes Angebot an O+G sicherzustellen, da bis zu einem Drittel der Branche stark von den Kostensteigerungen betroffen sein könnten und Gefahr liefen, im kommenden Jahr von der Bildfläche zu verschwinden, wenn nichts unternommen werde. Es gehe nun darum, sich so aufzustellen, um die Energiekrise, aber auch die Energiewende zu bewältigen. Das französische Landwirtschaftsministerium hatte Ende September einen 'Plan für Ernährungssouveränität' ins Leben gerufen, an dessen vier Arbeitsgruppen, die sich mit Pflanzenschutz, Wettbewerbsfähigkeit, Forschung & Entwicklung sowie Verbraucherinformation beschäftigen, Interfel ebenfalls teilnehmen werde. Bis in den Dezember hinein sollten die Arbeiten laufen, um dann im Februar in konkrete Handlungen überführt zu werden, so Grandin.
Derweil haben sich französische Verbände der Kartoffel-, Obst- und Gemüsebranche in einer gemeinsamen Mitteilung zur derzeitigen Lage geäußert. Angesichts explodierender Lagerkosten stehe man 'mit dem Rücken zur Wand', heißt es darin. Viele Erzeugnisse, darunter Kartoffeln, Karotten, Äpfel oder Birnen, benötigten Kühlung, um unter optimalen Lagerbedingungen ganzjährig verfügbar sein zu können. Die Unternehmen sähen sich derzeit enormen Kostensteigerungen von durchschnittlich 50 bis 60 € pro MWh auf 550 bis 600 € pro MWh gegenüber und stellten sich die Frage, ob sie angesichts dieser Erhöhungen in der Lage seien, zehn Monate Kühlräume zu zahlen, oder eher vor Ende der aktuellen Verträge ihre Lagerbestände abbauen sollten. Zwar bemühe man sich in den Betrieben, den Energieverbrauch bestmöglich zu senken, doch sei ein Großteil der einzulagernden diesjährigen Kartoffel-, Obst- und Gemüseernte in Gefahr, heißt es in der Mitteilung.
Konkret hätten sich die Energiekosten für die Lagerung der Kartoffeln um durchschnittlich 500 % erhöht. Pro Tonne Kartoffeln sei dies ein Anstieg von durchschnittlich 8 Euro auf 28 Euro, wobei auch Spitzen von bis zu 70 Euro pro Tonne verzeichnet würden - und das bei Lagerflächen, die im Mittel 2.000 t Ware fassten. Bei Äpfeln würden die Stromkosten, auf den Hektar gerechnet, von 1.102,68€ in 2022 auf 2.150,23 Euro in 2023 steigen; pro Tonne Ware werden es 71,67 €/t in 2023 sein - ziemlich genau das Doppelte der Kosten in 2022 mit 36,75 Euro pro Tonne, so die Mitteilung. Prozentual bedeute dies, dass die Stromkosten 2023 einen Anteil von 14 % (2022: 7,6 %) an den Produktionskosten hätten. Die Lagerkosten für Äpfel und Birnen stiegen mit den 2023-er Verträgen somit von 0,02 Euro auf 0,10 Euro pro Kilogramm Ware an, was einer Kostensteigerung von 400 % entspreche, heißt es in der Mitteilung. Die gemeinsame Forderung der Verbände an die französische Regierung, das Energiepreisschutzschild auszuweiten, sei bisher unbeantwortet geblieben.