Honigbienen umsorgen ihren Nachwuchs gut: Ammenbienen füttern die jungen Larven mit einem Saft, den sie in ihrer Kopfdrüse aus Nektar und Pollen herstellen. Allerdings können vor allem im Pollen Rückstände unterschiedlicher Insektengifte und anderer Pflanzenschutzmittel stecken. Eine Konfrontation der Bienenlarven mit einer komplexen Mixtur aus Chemikalien ist darum sehr wahrscheinlich, teilt die Universität Würzburg mit.

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Image: Sarah Manzer/Universität Würzburg

Entwicklung von Honigbienen im Labor. Die Larven erhielten vom vierten bis zum neunten Tag Pflanzenschutzmittel im Futter. Nach dem neunten Tag würden die Larven im Bienenvolk normalerweise zur Verpuppung in ihren Waben eingeschlossen werden; im Labor wurden sie auf eine neue Platte umgesetzt. Gut sichtbar sind die verschiedenen Entwicklungsstadien vom Ei (Tag 1-3) über Rundmade (Tag 4-9), Streckmade (Tag 10- 12) und Puppe (Tag 13-20) bis zur geschlüpften erwachsenen Biene (Tag 21).

Welche Einflüsse haben in der EU zugelassene Insektizide allein und in Kombination mit Fungiziden auf die Entwicklung von Honigbienen? Und zwar in Konzentrationen, wie sie tatsächlich auch in der Umwelt gefunden werden? Das haben Forscherinnen und Forscher vom Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg untersucht.

Die Wirkung von Pflanzenschutzmitteln auf die Umwelt wird nur selten in Kombination und in niedrigen umweltrelevanten Dosierungen untersucht. „Wie unsere Studie zeigt, ist das aber dringend nötig, weil die Mittel interagieren und sich gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken können“, erklärt Doktorandin Sarah Manzer, Erstautorin der Studie. Außerdem sei es möglich, dass es nur bei niedrigen, nicht aber bei hohen Konzentration zur Interaktion komme, und umgekehrt. „Hier klaffen in der Pflanzenschutzmittelforschung Wissenslücken, die wir nun mit einem weiteren Puzzleteil verkleinern konnten“, so die JMU-Forscherin.

Die Forschenden zogen Honigbienen im Labor auf und mischten ihnen verschiedene Pflanzenschutzmittel ins Futter – zum einen in Konzentrationen, wie sie in der Umwelt vorkommen, zum anderen in zehnfach höherer Dosierung.

Das JMU-Team verabreichte den Insekten das letzte in der EU noch zugelassene Neonikotinoid Acetamiprid – ein Gift, das gegen den Rapsglanzkäfer und andere saugende Insekten eingesetzt wird. Alle anderen früher verwendeten Neonikotinoide sind inzwischen verboten, weil sie Bienen schädigen. Außerdem fütterten die Forschenden eine Mischung der Fungizide Boscalid und Dimoxystrobin (beides pilztötende Mittel) sowie eine Kombination aus dem Neonikotinoid und den zwei Fungiziden.

Das Neonikotinoid für sich alleine führte in der höheren Konzentration zu einer signifikant erhöhten Sterblichkeit der Larven: In der Kontrollgruppe überlebten 90,4 %, in der Neonikotinoidgruppe lediglich 79,8 %. Sarah Manzer konnte außerdem negative Langzeiteffekte feststellen: Erwachsene Honigbienen, die das Neonikotinoid als Larven aufgenommen hatten, starben deutlich früher als die Artgenossinnen in der Kontrollgruppe. Sie wurden im Median 26 Tage alt, die Kontrollen dagegen 31 Tage. In der umweltrelevanten Konzentration hatte das Neonikotinoid dagegen keinen Effekt auf die Überlebensraten.

Enthielt das Larvenfutter nur die beiden Fungizide, hatte das keinen Einfluss auf die Sterblichkeit der Insekten. Allerdings waren die Bienen nach dem Schlüpfen aus der Puppenhülle leichter als die in der Kontrollgruppe. Ob das relevant für ihre weitere Entwicklung und das Verhalten ist, müssen weitere Forschungen zeigen.

Eine Überraschung erlebten die Forschenden, als sie die Larven mit Mischungen der Chemikalien fütterten: Die niedrigere Neonikotinoid-Dosierung führte in Kombination mit den Fungiziden zu einer signifikant erhöhten Sterblichkeit der erwachsenen Bienen mit einem Alter von 27 Tagen im Median im Vergleich zum Alter von 31 Tagen bei den Bienen in der Kontrollgruppe. Die ansonsten unschädliche Menge Neonikotinoid wird also in der Kombination mit den Fungiziden gefährlich. „Das ist ein alarmierender Befund, da Honigbienen durch ihren großen Flugradius mit vielen verschiedenen Pflanzenschutzmitteln in Kontakt kommen“, sagt Sarah Manzer.

Und noch ein unerwarteter Effekt trat nach der Fütterung mit der Mischung auf: Die höhere Neonikotinoid-Dosierung – die für sich alleine schädliche Wirkungen hatte – zeigte in Kombination mit den Fungiziden keinen Effekt auf die Sterblichkeit der Bienen.

Die von den Forschenden gefundenen Kombinationseffekte könnten Auswirkungen auf das gesamte Bienenvolk haben, weil die heranwachsende Generation geschädigt wird. Zudem könnten solitär lebende Wildbienen besonders betroffen sein: Als „Einzelgängerinnen“ werden sie direkt beeinträchtigt, während die Honigbienen in ihren großen Völkern die Effekte von Pflanzenschutzmitteln auf einzelne Individuen zu einem gewissen Umfang abpuffern könnten.

Nach Ansicht der Würzburger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind weitere Versuche unerlässlich, um die Wirkung von Pflanzenschutzmittelmischungen noch besser zu verstehen.