Es sei höchste Zeit, dass in Deutschland eine echte strukturelle Wachstumsdebatte geführt werde, unterstrich Dr. Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) in Berlin und kritisierte dabei den Entwurf eines Modernisierungspapiers des Wirtschaftsministers.
„Es ist gut, dass Bundesminister Habeck mit seiner Modernisierungsagenda jetzt diese Diskussion eröffnet. Die von ihm vorgelegten Vorschläge sind in einzelnen Teilen richtig und begrüßenswert, wenn sie, wie beim Bürokratieabbau oder beim Datenschutz, falsches staatliches Handeln korrigieren oder neue Impulse für mehr Freihandelsabkommen fordern. Insgesamt aber legt Habeck einmal mehr den Fokus auf eine staatlich gelenkte, sozial-ökologische Wirtschaftspolitik. Doch mehr Geld ersetzt keine Reformen. Die schuldenfinanzierten Milliarden des Deutschlandfonds können eine strukturell falsche Wirtschaftspolitik nicht reparieren. Zudem wäre der Investitionsfonds nur durch eine Aussetzung der Schuldenbremse zu finanzieren und ist damit absehbar nicht mehrheitsfähig”, so Jandura.
Er begrüßt ausdrücklich die Forderung, die Datenschutzbestimmungenen in Deutschland zu überarbeiten und zu vereinfachen. Auch die Einführung eines sogenannten Whitelistings, also die Reduzierung oder Aussetzung von Berichtspflichten bei wirtschaftlichen Tätigkeiten in Ländern mit rechtsgleichen Standards, sei absolut sinnvoll. „Mit Blick auf die weiteren Berichtspflichten und auch die Einführung der CSRD sind mir Habecks Vorschläge aber viel zu zurückhaltend. Hier muss die Bundesregierung konsequent auf ein europäisches Moratorium und eine Revision der Berichtspflichten durch die EU drängen. Mehr Kettensäge, weniger Nagelfeile”, so der Unternehmer.
„Auch die Forderung nach schlankeren, schnell zustimmungsfähigen Freihandelsabkommen sind richtig – angefangen beim MERCOSUR-Abkommen, das jetzt endlich zur Abstimmung gestellt werden muss. Hier muss die Bundesregierung dringend die Führung übernehmen. Richtig ist: Zukünftige Freihandelsabkommen müssen schlanker und kompakter gestaltet werden. Allerdings müssen dann auch die von Habeck gewünschten sozial-ökologischen Standards aus den Verhandlungen zu Handelsabkommen herausgenommen und stattdessen in anderen, separaten Abkommen verankert werden,“ fordert Jandura.
Und weiter: „Völlig falsch halte ich Habecks Vorschlag, auf die isolationistischen Tendenzen aus China und den USA mit einer „Europa zuerst“-Strategie zu antworten. Ein Land, das so sehr von der Globalisierung und der Arbeitsteilung profitiert hat wie Deutschland, sollte diese Art der Abschottungspolitik dringend vermeiden – noch dazu gegenüber Deutschlands wichtigsten beiden Handelspartnern. Deutschland ist bei zahlreichen Produkten auf die Zulieferungen aus anderen Regionen der Welt angewiesen, gerade weil wir in Europa aufgrund der viel zu hohen Kosten und bürokratischen Auflagen nicht mehr wettbewerbsfähig produzieren können.“
„Das Kernstück von Habecks Vorstoß ist der schuldenfinanzierte Deutschland-Fonds. Dabei sind die Ziele richtig, aber der Weg ist der falsche. Für den privaten Sektor wären Bürokratieabbau, eine Unternehmenssteuerreform und wettbewerbsfähige Standortbedingungen hilfreicher als Subventionen. Und das alles wäre auch ohne neue Schulden umsetzbar“, so der Unternehmer weiter. Mehr Abschreibungsmöglichkeiten, mehr Investitionen in die Infrastruktur, in die Bildungseinrichtungen, in die Kinderbetreuung – all das ist nötig. Auch die Senkung der Netzentgelte und der Stromsteuer wären für den Mittelstand dringend erforderlich. Aber warum soll das nur durch zusätzliche Schulden gehen? Warum wurde das nicht im neuen Haushalt, im Wachstumschancengesetz oder in der neuen Wachstumsinitiative verankert? Und wo bleiben die echten strukturellen Reformen?”, so Jandura abschließend.