Pilzproduktion in der EU ist vor allem eines: sehr herausfordernd, was die Bedingungen und Voraussetzungen angeht.

Das wurde auf der jedes Jahr im Januar wiederkehrenden Jahressitzung der European Mushroom Growers Group (GEPC) in Brüssel Anfang des Jahres deutlich. Susanne R. Knobloch war als Stellvertreterin für die BDC-Mitglieder dabei und berichtet im Interview über die aktuellen Themen, die auf EU-Ebene besprochen wurden. Das Gespräch führte Heike Stommel für den BDC.

Welche Themen beschäftigen die Pilzzüchterinnen und Pilzzüchter in der EU zurzeit am meisten?

Vorrangig ging es um die Marktsituation für frische und verarbeitete Kulturpilze, die Verpackungsverordnung, Importe aus China und natürlich die Verwendung von Torf in der Pilzzucht. Außerdem wurden die Ergebnisse der Werbekampagne für europäische Kulturpilze präsentiert.

Was war Ihr Eindruck?

Es war wie immer ein sehr interessanter Austausch von Informationen der Mitgliedsländer, welcher aufzeigt wie divers die Herausforderungen je nach Land sind. Dieses wird vor allem beim Thema Torf deutlich. Hier ist jedes Land auf sich selbst gestellt, da die gesetzlichen Regelungen unterschiedlich sind. Bei der Suche und der Forschung zu Torf-Alternativen sind Deutschland und die Niederlande weiter als andere Länder. Grund dafür ist vor allem, dass in Südeuropa andere Probleme sehr viel dringlicher sind. Hier spielt das Thema Wasser eine viel größere Rolle, damit verknüpft dann auch das Thema Natur.

Wie wird das Thema Torf auf europäischer Ebene behandelt?

Das Thema Torf ist ein gutes Beispiel für unterschiedliche Interessen auf EU-Ebene. Die GEPC machte direkt zu Beginn deutlich, dass Torf für die Pilzproduktion immer noch unerlässlich ist, auch wenn nach alternativen Materialien gesucht wird. Die Generaldirektion GD Agri in der Europäischen Kommission Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sieht dieses aus einem etwas anderen Blickwinkel. Sie ist für die EU-Politik in diesem Bereich zuständig und befasst sich mit allen Aspekten der gemeinsamen Agrarpolitik, der GAP. Die DG Agri betont, dass aufgrund der Klimapolitik der Druck auf Abbau und Verwendung von Torf in der Landwirtschaft zunehmen wird. Zurzeit gibt es jedoch keinen Vorschlag für ein Verbot der kommerziellen Gewinnung von Torf und seiner Verwendung zum Beispiel im Gartenbau. Allerdings muss der Torfabbau in vollem Umfang mit dem EU-Recht zu vereinbaren sein. In den jüngsten Gesetzen und Initiativen werden die Bedeutung und die Wiederherstellung der Moore zunehmend berücksichtigt.

Welche Möglichkeiten haben europäische Pilzproduzentinnen und Pilzproduzenten?

In der ökologischen beziehungsweise biologischen Produktion von Pilzen ist Torf zurzeit zugelassen, der nicht mit chemischen Erzeugnissen behandelt wurde. Dies wird jedoch im Hinblick auf die vorhandenen Grundsätze in diesem Bereich als problematisch angesehen, daher müssen Alternativen entwickelt werden. Eine Lösung soll das Forschungsprojekt „Bio plus“ darstellen, das Wege für einen Ausstieg aus umstrittenen Betriebsmitteln wie Torf im ökologischen Landbau in Europa zeigen soll. Für Pilzproduzent:innen gibt es Fördermöglichkeiten über das Programm „Horizon Europe“ zum Thema “Bodenfreundliche Praktiken im Gartenbau, einschließlich alternativer Kultursubstrate” und über die EIP-Agrarmaßnahmen „Cooperation for Innovation“, also zur Zusammenarbeit für Innovation.

Welche Entwicklungen gibt es auf europäischer Ebene im Bereich Verpackungen?

In der EU-Kommission kümmert sich die Generaldirektion Umwelt um die Verordnung über die Verpackung von frischem Obst und Gemüse, insbesondere von frisch gezüchteten Pilzen. Dazu finden aktuell Gespräche statt. Frankreich plant, frische Pilze vom Verbot von Kunststoffverpackungen für Obst und Gemüse auszunehmen und hat dazu ein Dokument erarbeitet. Die GD Agri ist daran interessiert. Es soll im April abgestimmt werden.

Wie sieht es bezüglich der Importe von Austern- und Shiitake-Substraten aus China aus?

Es ist deutlich, dass der Anstieg dieser Importe das Gleichgewicht in diesen Marktnischen bedroht. Die GEPC fordert hier mehr Kontrollen an den Grenzen, zuletzt über eine mögliche Quarantäne des importierten Substrats. Die GD Agri benötigt dafür mehr Fakten, wie etwa Rückstandsanalysen, und machte deutlich, dass eine Quarantäne rechtlich begründet sein müsse. Zu diesem Zweck würde gegebenenfalls die GD Gesundheit kontaktiert, wenn sich die Forderung auf gesundheitliche Aspekte des importierten Substrats beziehungsweise der Brut bezieht.

Gibt es Marktdaten zur EU-Produktion von frischen und verarbeiteten Edelpilzen oder die ökologische Produktion von Champignons?

Das Aufnehmen dieser Zahlen ist nach wie vor schwierig, da es keine offiziellen Erhebungen darüber gibt. Die dem GEPC vorliegenden Informationen haben ergeben, dass jährlich circa 40.000 t Bio-Pilze, was 4 % der gesamten EU entspricht, sowie rund 30.000 t Edelpilze, was etwa 3 % der gesamten EU entspricht, produziert werden. Aber nach wie vor bitte ich darum, diese Zahlen als nicht offizielle Marktdaten zu nutzen.

Wurden die chinesischen Importe von Champignons in Dosen thematisiert?

Ja, die GEPC hat davor gewarnt, dass China seine Exportkapazität ausbaut und auf die Notwendigkeit hingewiesen, die derzeitige Quote beizubehalten. Laut GD Agri gibt es momentan keine Absicht, die Quote zu ändern. Bezüglich der Kennzeichnung des Herkunftslandes auf den Pilzkonserven hat die GD Agri darauf hingewiesen, dass diese nicht obligatorisch ist. Es sei auch nicht geplant, die dafür zuständige Verordnung zu überarbeiten.

Wie ist denn die Werbekampagne für europäische Pilze angelaufen?

Die EU-Werbekampagne ist der GEPC zufolge sehr gut angelaufen. Danach hat die Online-Werbekampagne über 54 Millionen Nutzer allein über die Social-Media-Accounts erreicht, dort wurden mehr als 110 Millionen Impressionen registriert und über 650.000 Interaktionen aufgezeichnet. Dies deutet auf ein hohes Maß an Engagement der Zielgruppe mit den Inhalten der Kampagne hin. Die Website von European Mushrooms hat knapp 140.000 Sitzungen generiert, und die YouTube-Videos, die im Dezember veröffentlicht wurden, haben in weniger als einem Monat für 3,9 Millionen Impressionen gesorgt. Laut GEPC hat die Kampagne die Erwartungen für das erste Jahr in jedem Markt übertroffen. Dabei gab es im französischen Markt die meisten Klicks und Reichweiten. Deutschland hatte die höchste Engagement-Rate und Spanien die höchste Click-Through-Rate, hier klickten also im Vergleich die meisten User:innen tatsächlich auf die angesehene Anzeige. Die GEPC schließt aus den Ergebnissen, dass die ausgewählten Zielmärkte gut ausgewählt worden sind – angesichts des großen Interesses und der Bereitschaft der Nutzer:innen, sich mit der europäischen Pilzkampagne und ihren Inhalten auseinanderzusetzen. Es bleibt zu erwarten, inwieweit sich hohe Follower-Zahlen auf den Absatz auswirken werden.

Wie hoch ist der Absatz in den beteiligten Ländern zurzeit?

Noch einmal kurz zur Erinnerung: An der Kampagne beteiligen sich Pilzzüchterinnen und Pilzzüchter aus Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Irland, Italien, den Niederlanden, Polen und Spanien. Im Jahr 2023 produzierten diese zehn Länder 93 % der gesamten europäischen Pilze, insgesamt etwas über eine Milliarde Tonnen. Rund zwei Drittel davon waren für den Frischmarkt bestimmt. Polen und die Niederlande erzeugten zusammen die Hälfte der Produktion in der EU27. Für frische Champignons ist die EU damit beinah autark, nur rund 1,4 % wurden 2022 importiert, hauptsächlich aus Nordirland. Frische Champignons exportiert die EU hauptsächlich nach Großbritannien. Insgesamt zeigt sich, dass der Verbrauch von frischen Champignons immer noch zunimmt, der Trend bei Dosen-Champignons jedoch weiterhin abnimmt.

Suzanne R. Knobloch BDC

Suzanne R. Knobloch 

Image: BDC

 

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