Die bayerischen Obst- und Gemüseerzeuger sind sauer. Denn der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) setzt verstärkt auf billigere ausländische Produkte und treibt die regionalen Betriebe damit vor sich her, heißt es in einer Mitteilung des Bayerischen Bauernverbands (BBV).
„Mehr Wertschätzung für regionales Obst- und Gemüse – das ist doch nur ein Lippenbekenntnis!“, zeigte sich Lisa-Maria Puschak, Expertin für Obst und Gemüse im Bayerischen Bauernverband, verärgert. Während täglich von steigenden Lebensmittelpreisen berichtet wird, erleben bayerische Obst- und Gemüseerzeuger gerade etwas völlig anderes: „Der LEH ersetzt teurere regionale Produkte gerade entweder durch billigere Importware oder setzt die Erzeuger massiv unter Druck, ihre Ware zu Preisen abzugeben, die aber die Kosten der Erzeugung nicht decken“, betonte Puschak. Lediglich in der Direktvermarktung gelinge es den bayerischen Obst- und Gemüsebauern, angemessene Preise zu erzielen – dies sei bayernweit leider nur ein kleiner Teil des Absatzes.
Dass Verbraucherinnen und Verbraucher für Lebensmittel tiefer in die Tasche greifen müssen, liege vor allem daran, dass in der ersten Jahreshälfte die Betriebsmittelkosten, unter anderem für Dünger, Energie oder Diesel und auch die Lohnkosten, gestiegen seien. Und diese würden auch weiter steigen - erst am 3. Juni wurde im Deutschen Bundestag die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro ab Oktober verabschiedet. Das ist die dritte Erhöhung in einem Jahr. Auch die Inflation steigert die Preise, aber der Preissprung entsteht im Lebensmitteleinzelhandel. Die Verbraucherinnen und Verbraucher „reagieren mit Kaufzurückhaltung. Wir erkennen hier schon einen Zusammenhang zur medialen Berichterstattung, dass Lebensmittel teurer werden. Die Supermärkte im Umkehrschluss verstärken ihr Preiseinstiegssortiment, um die Kunden nicht an die Discounter zu verlieren. Dafür wird zu billigen ausländischen Produkten gegriffen, trotz langjähriger Handelsbeziehungen mit regionalen Anbauern“, so Puschak. „In Bayern wird unter höchsten Qualitäts- und Sozialstandards produziert, aber die Verbraucherinnen und Verbraucher schauen derzeit noch stärker aufs Geld, da haben die Erzeuger einfach keine Chance.“
Bayerisches Obst und Gemüse steht aktuell in ausreichenden Mengen zur Verfügung, dennoch finden Verbraucherinnen und Verbraucher in den Regalen des Lebensmitteleinzelhandels in großen Mengen billiges Importobst und -gemüse. Das liegt neben den oben genannten Produktionskosten vor allem an den hohen Lohnkosten in Deutschland. „Der deutsche Mindestlohn ist doppelt und dreifach höher als in anderen typischen Importländern wie Spanien, Griechenland oder den Osteuropäischen Staaten – in manchen Importländern gibt es überhaupt keinen Mindestlohn (z.B. Italien). Da Erdbeeren, Spargel, Gurken und viele weitere Obst-/ Gemüsesorten sehr arbeitsintensiv sind und meist Handarbeit dahinter steckt, braucht es einen gewissen Preis, damit die Angestellten auch bezahlt werden können“, unterstrich die Obst- und Gemüseexpertin Puschak.
Gerade die letzten beiden Jahre hätten gezeigt, wie wichtig ein hoher Anteil der Selbstversorgung mit regionaler Ware sei. Bayerische Qualitätsware ist ausreichend vorhanden und wird durch den massiven Preisdruck ins Aus manövriert. Die Spargelsaison ist mit deutlichem Absatzrückgang fast gelaufen. Die bayerische Erdbeere setzt auf einen guten Absatz im Juni. Damit der bayerische Obst- und Gemüsebau eine Zukunft hat, hofft der Bauernverband, dass die Verbraucher der heimischen Ware treu bleiben und schmackhaftes regionales Sommerobst wie Kirschen, Himbeeren und Johannisbeeren, eine rege Nachfrage erleben.