Am 11. März organisierte die Wageningen University & Research (WUR) einen Dialog über die Zukunft von Landwirtschaft, Lebensmitteln und Natur in den Niederlanden. Rund 140 Teilnehmer, darunter Vertreter des WWF, Lebensmittelhandels und junge Landwirte, tauschten ihre Visionen aus. Nicht, um sie zu diskutieren, sondern um gemeinsam nach einer langfristigen Perspektive für das niederländische Lebensmittelsystem zu suchen, so WUR.

Dialog Zukunft Landwirtschaft, Ernährung und Natur

Dialog Zukunft Landwirtschaft

Image: Guy Ackermans/WUR

Der Dialog sei aus sechs Themen hervorgegangen, die WUR im Oktober 2023 vorgestellt hatte. Damit wollten die Wageninger Wissenschaftler darauf hinweisen, dass in den kommenden Jahren wichtige, grundlegende Entscheidungen über die Zukunft von Landwirtschaft, Ernährung und Natur getroffen werden müssen.

Diese Themen sind:

  • Wie hoch ist der niederländische Beitrag zur weltweiten Nahrungsmittelversorgung?
  • Welche Funktion hat die Tierhaltung in den Niederlanden?
  • Welchen moralischen Stellenwert haben die Tiere in unserer Lebensmittelversorgung?
  • Wie viele der zukünftigen Klima- und Naturziele wollen wir in den Niederlanden erreichen?
  • Werden wir Landwirtschaft und Natur in den Niederlanden trennen oder miteinander verflechten?
  • Können und wollen wir das Verbraucherverhalten steuern?

Einleitend erläuterten die leitenden Forscher Bas Breman und Bram Bos kurz die sechs Themen, die sie zusammen mit anderen Forschern erarbeitet hatten. Breman betonte, dass die Entscheidungen, die getroffen werden müssen, immer schmerzhaft seien und dass dies explizit benannt werden muss. Dabei gehe es um viele Emotionen und moralische Fragen. Bos fügte hinzu, dass die Themen viele Gespräche in den Provinzhäusern, in Wahldebatten und unter vier Augen ausgelöst haben. Die Rolle von WUR bestehe darin, Wissen und Fachkenntnisse über Landwirtschaft und Natur zu vermitteln. Die Gespräche wurden im Rahmen dieses Dialogs weiterverfolgt.

Zu Beginn des Dialogs erhielten vier Organisationen die Gelegenheit, ihre Ansichten über Lebensmittel, Landwirtschaft und Natur mitzuteilen und auf ein oder mehrere Wageninger Themen zu antworten.

Natascha Kooiman, eine der Gründerinnen der Transition Coalition Food, wies darauf hin, dass das Verbraucherverhalten weitgehend durch eine soziokulturelle Routine bestimmt sei. Infolgedessen lassen sich die Verbraucher nicht leicht zu anderen Entscheidungen bewegen. In Bezug auf das sechste Thema sprach sie sich daher für eine starke staatliche Kontrolle aus. Das derzeitige Angebot sei ungesund und unhaltbar und daher “eine Bevormundung in die falsche Richtung”.

Natasja Oerlemans vom World Wildlife Fund (WWF) plädierte für ein faires und naturverträgliches Lebensmittelsystem. Als Antwort auf das vierte Thema argumentierte sie, dass gerade die Niederlande als wohlhabendes Land Verantwortung für die Erreichung ihrer Klimaziele übernehmen sollten. Auch zu Thema 5 hatte der WWF eine klare Meinung: “Landwirtschaft und Natur sind Teil einer Landschaft und eines verflochtenen Ökosystems, und man kann sie nicht voneinander trennen.”

Marc Jansen, Generaldirektor der Zentralstelle für den Lebensmittelhandel, ging auch auf das sechste Thema ein. Seiner Meinung nach seien die Produktion, die Verarbeitung und der Vertrieb von Lebensmitteln eine wirtschaftliche Tätigkeit und keine Nutzenfunktion. Daher sei die Wahl des Verbrauchers innerhalb bestimmter Grenzen von größter Bedeutung. Die Unternehmen übernähmen gemeinsam mit der Regierung Verantwortung, so Janssen, und erzielten bereits eine ganze Reihe von Ergebnissen.

Roy Meijer vom Nederlands Agrarisch Jongeren Kontakt vertrat einen anderen Standpunkt. Meijer erzählte von seinem Vater und seinem Großvater, die beide Landwirte in einer Zeit waren, als es noch eine basisdemokratische Erzählung gab. Sein Großvater war Landwirt, als die Niederlande wieder aufgebaut werden mussten, sein Vater während der Zeit des Kalten Krieges. Jetzt, wo er selbst einen Bauernhof betreibe, sehe er keine Basisgeschichte mehr. Meijer schloss mit der Ankündigung: ”Der Agrarsektor wird immer älter. Junge Landwirte wissen nicht, woran sie sind, und fragen sich, wie lange sie noch auf die Gesellschaft warten müssen.”

Nach den Präsentationen diskutierten die Teilnehmer weiter. In verschiedenen Gruppen kamen die Teilnehmer zu dem Schluss, dass eine starke staatliche Lenkung erforderlich sei, dass dies aber vorerst nicht geschehen wird. Viele Teilnehmer fühlten sich verpflichtet, selbst aktiv zu werden. ”Bleiben wir positiv und machen wir uns an die Arbeit mit denen, die es wollen”, schloss ein Teilnehmer. Auch das Scheitern des Agrarabkommens wurde mehrfach erwähnt. Mehrere Teilnehmer vertraten die Ansicht, dass es an der Zeit sei, einen neuen Versuch zu unternehmen, eine Einigung zu erzielen, wenn nötig ohne die Zentralregierung.

Ernst van den Ende, Geschäftsführer der Animal Sciences Group, schloss den Dilemma-Dialog. Er erkannte “die Dringlichkeit und Ungeduld”, die im Saal zu spüren war. Van den Ende kündigte an, dass WUR auch auf internationaler Ebene Gespräche über die Themen anstoßen wolle, u.a. im Rahmen der Mansholt Lecture in Brüssel. Auf diese Weise wird der Dialog über das Ernährungsdilemma von immer mehr Menschen geführt werden.