Tiere und Pflanzen bilden komplexe Lebensgemeinschaften mit Mikroorganismen, das sogenannte Mikrobiom. Ein Forschungsteam der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) und des Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung (MPIPZ) in Köln hat die dreidimensionale Struktur bei Pflanzenwurzeln untersucht.
In der Fachzeitschrift Cell Host & Microbe berichten sie von unterschiedlichen räumlichen Zusammensetzungen, die sich auch auf den Stoffwechsel auswirken. Menschen sind von einer Vielzahl gutwilliger Organismen besiedelt. Insbesondere im Darm spielt die sogenannte Darmflora eine wichtige Rolle für die menschliche Gesundheit. Bei Pflanzen ist dies laut der Wissenschaftler nicht viel anders, auch sie besitzen eine „Mikroflora“: Mikroorganismen helfen dabei, Nährstoffe im Boden verfügbar zu machen und die Pflanze gegen Pathogene zu verteidigen.
Der menschliche Darm ist in unterschiedliche Abschnitte unterteilt, jeder dieser Bereiche hat eine spezifische Funktion. Im Tierreich wurden vor rund zehn Jahren nicht nur spezifische Stammzellen in den verschiedenen Abschnitten festgestellt, sondern auch unterschiedliche Stoffwechselaktivitäten auf der Basis von molekularen Untersuchungen. Die unterschiedlichen genetisch definierten lokalen Unterschiede im Darm führen zu differentieller Besiedlung mit Mikroorganismen. Inzwischen sei bekannt, dass die Darmflora eine hochkomplexe dreidimensionale Biogeografie aufweise.
Um zu untersuchen, inwieweit die Wurzelmikroflora ebenfalls geografische Unterschiede aufweise, haben drei Forschungsteams der HHU und des MPIPZ dies gemeinsam an der Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) untersucht. Die Forschenden nutzten dazu einen sogenannten „Multi-omics“-Ansatz: Hierzu zählen die „Transkriptomik“ – die Analyse aller in einer Zelle abgelesenen RNA-Moleküle – und die „Metabolomik“ – die Untersuchung des Stoffwechselnetzwerks – sowie weitere Bereiche wie die Synthetische Biologie und die Bioinformatik.
In der aktuellen Ausgabe von Cell Host & Microbe beschreiben die Biologen, dass sie hierzu zwei experimentelle Anzuchtsysteme entwickelt haben, mit denen sie die Wurzelmikrobiota von Arabidopsis analysieren können: CD-Hüllen-Rhizotrone und ArtSoil-Wachstumsmedien. Mit Hilfe dieser beiden Systeme wiesen sie eine räumliche Differenzierung der Mikroflora entlang der Längsachse der Wurzel organisierter Mikrobiota nach, eine entsprechende Differenzierung pflanzlicher Metabolite und der Stoffwechselaktivitäten.
Hauptautorin Dr. Eliza Loo vom Institut für Molekulare Physiologie der HHU: „Mithilfe von bioinformatischen und genetischen Methoden identifizierten wir drei sogenannte SWEET-Zuckertransporter, die zur Verteilung von Zucker und anderen Stoffwechselprodukten entlang der Wurzel beitragen. Diese Transportmoleküle sind für die räumliche Besiedlung durch Wurzelbakterien erforderlich.“
„Wir konnten das komplexe Netzwerk zwischen Mikroben und Wirt, in diesem Fall also der Pflanze, im Hinblick auf den Stoffwechsel entschlüsseln“, ergänzt Dr. Tin Yau Pang von der Arbeitsgruppe für Computational Cell Biology der HHU. „Die Erkenntnisse können dazu beitragen, die mikrobiellen Gemeinschaften zu optimieren und damit einen verbesserten Schutz der Pflanzen vor Krankheitserregern und so eine bessere Pflanzengesundheit zu erreichen”, sagt Dr. Paloma Durán vom MPIPZ, die zweite Hauptautorin der Studie.
Prof. Dr. Wolf Frommer, Leiter des HHU-Instituts für Molekulare Physiologie und Korrespondenzautor, kommentiert: „Um die räumliche Besiedlung des Wirts-Mikrobioms zu verstehen, wird noch eine wesentlich detaillierte Analyse der 3D-Biogeografie sowohl der Pflanze als auch der mikrobiellen Spezies notwendig sein. Unsere nun veröffentlichte Publikation legt die Basis für derartige Arbeiten. Die Studien sollen nun auf Kulturpflanzen wie Gerste ausgeweitet werden.”