Einst ein Grundnahrungsmittel, dann fast vergessen: Die Herbstrübe erlebt als Herbstgemüse ein kleines Comeback. Die Betriebsgemeinschaft Aare-Bio setzt auf die vielseitige „Räbe“ und bringt sie als Frischgemüse auf den Markt. Trotz Herausforderungen im Anbau zeigt das Interesse der Konsumenten, dass die Herbstrübe Potential hat, teilt der Landwirtschaftliche Informationsdienst (LID) mit.
Die Herbstrübe oder „Räb“ hat eine lange Geschichte in der europäischen Ernährung und Kultur. Im Mittelalter noch eine Hauptnahrungsquelle, wurde sie später von der Kartoffel verdrängt und geriet als Lebensmittel fast in Vergessenheit. Heute kennen viele die Herbstrübe nur als „Räbeliechtli“, ein wichtiger Bestandteil herbstlicher Traditionen, bei denen Laternen ausgehöhlt und beleuchtet bei „Räbeliechtli“-Umzügen durch die Straßen getragen werden. Tatsächlich hat sie aber mehr zu bieten: Als schmackhaftes und vielseitiges Herbstgemüse. Die Betriebsgemeinschaft Aare-Bio, bestehend aus den Landwirten David Ramseier, Thomas Augstburger und Peter Hurni, hat sich dieser Aufgabe angenommen und bringt die Herbstrüben als Frischgemüse vom Feld auf den Markt.
Gemüse mit Potential
„Der Impuls zum Anbau der Herbstrübe kam von der Bio-Produzentenorganisation Terraviva, die nach Produzentinnen und Produzenten suchte“, erklärt David Ramseier. So startete Aare-Bio letztes Jahr mit einer Pilotfläche auf rund 30 ha. Die Herbstrüben aus dieser Testphase wurden über den Terraviva-Abholmarkt für Gastronomie, Marktfahrer und sonstige Händler vermarktet. Dieses Jahr wurde der Anbau nun auf 180 ha ausgeweitet, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Die Herbstrüben werden nun über Terraviva an Coop geliefert.
„Die Herbstrüben laufen extrem gut“, erklärt der Landwirt begeistert. Das Interesse und die Nachfrage seien gut und die Konsumentinnen und Konsumenten scheinen die vielseitige Verwendung der Herbstrübe bereits gut zu kennen. „Natürlich setzt das auch entsprechende Kommunikation beispielsweise von Coop voraus, aber das klappt bislang gut“, meint David Ramseier weiter.
Ein robustes Gemüse – jedoch auch mit Herausforderungen
Die Herbstrübe ist an sich pflegeleicht und anspruchslos in der Kultivierung. Sie benötigt nur eine kurze Wachstumszeit von etwa 70 bis 80 Tagen, weshalb sie gut als Zweitkultur nach der Ernte einer Sommerhauptkultur wie Getreide oder Gerste oder wie bei der Betriebsgemeinschaft Aare-Bio nach Rüebli angebaut werden kann. „Im Herbst hat man meistens mehr Platz als im Sommer und so können wir die Herbstrüben noch nach einer Hauptkultur einplanen“, erklärt Peter Hurni von Aare-Bio.
Das Gemüse hat wenig Probleme mit Unkraut und benötigt nur ein einmaliges Hacken, um das Feld sauber zu halten. Doch der Biolandbau bringt auch Herausforderungen mit sich: Die Hauptprobleme liegen bei den Schädlingen, insbesondere bei den Erdflöhen und den Larven der Kohlfliege. „Die Erdflöhe sind vor allem zu Beginn ein Problem, wenn die Käfer einfliegen und die feinen Blätter der noch jungen Räben kahlfressen“, erklärt Thomas Augstburger, der Dritte im Bunde. Und später verursachen die Kohlfliegen Probleme, die ihre Eier unter anderem in den Boden legen. „Die geschlüpften Maden der Kohlfliege machen dann im Boden von untenher Frassschäden an den Herbstrüben“, erläutert der Landwirt weiter.
Im Biolandbau sind sie bei der Schädlingsbekämpfung eingeschränkt und dürfen gegen Schädlinge im Boden keine Mittel einsetzen. Um die Räben trotzdem etwas vor den Erdflöhen und Kohlfliegen zu schützen, setzt die Betriebsgemeinschaft Aare-Bio ein feinmaschiges, vlies-ähnliches Netz ein, um die Schädlinge fernzuhalten. „Die Herausforderung dabei ist, den richtigen Zeitpunkt zum Abdecken zu erwischen“, erklärt Thomas Augstburger. Zu frühes Abdecken kann das Wachstum der Kultur hindern, bei zu spätem Abdecken, hat die Kohlfliege ihre Eier vielleicht bereits abgelegt und wütet dann ungehindert unter dem Netz.
Vom Räbeliechtli zum vielseitigen Frischgemüse
Obwohl Herbstrüben heute vorwiegend für die traditionellen „Räbeliechtli“-Umzüge im Herbst bekannt sind, eignen sie sich auch hervorragend als Gemüse. Die Herbstrübe hat zwar einen intensiven Eigengeschmack und bringt die für Kohlpflanzen typische Senfölnote mit, die sie einzigartig macht. Diese kräftige Schärfe verleiht der Herbstrübe einen besonderen Reiz und eröffnet vielseitige Verwendungsmöglichkeiten in der Küche. Im Mittelalter war sie Hauptbestandteil vieler Mahlzeiten, etwa als Räbenmus. Gerade in der heutigen Zeit, in der Geschmäcker oft eher mild ausgerichtet sind, kann sie durch ihre würzige Note aber eine interessante Bereicherung darstellen.
David Ramseier betont, dass der Erfolg des Gemüses auch von einer guten Konsumentenaufklärung abhängt. Doch bislang zeigen die Kundinnen und Kunden positive Reaktionen und sind neugierig auf die Verwendungsmöglichkeiten. „Unsere Herbstrüben werden als Frischgemüse und als „Räbeliechtli“ verkauft – und tatsächlich scheinen die Konsumentinnen und Konsumenten zu wissen, was damit anzufangen ist“, meint er schmunzelnd.