Die Photovoltaik-Sparte ist in Bewegung: Projektierer locken Landwirte mit dem Versprechen üppiger Pachteinnahmen, wenn sie auf den Flächen Freiflächen- oder Agri-PV-Anlagen realisieren, bestehende Dachanlagen fallen nach und nach aus der festen EEG-Vergütung, negative Strompreise erhöhen das Marktrisiko für Betreiber.
Lohnt sich PV da überhaupt noch? Die Photovoltaik-Tagung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen und des Landvolks in Verden gab einen Überblick.
Der Saal war voll, das Interesse riesig: Rund 220 Gäste waren der Einladung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen und des Landvolks Niedersachsen ins Haags Hotel Niedersachsenhof in Verden zur Photovoltaik-Tagung gefolgt. Kein Wunder, dürften doch in den vergangenen Monaten bereits viele Landwirte von Projektierern angesprochen worden sein, die auf landwirtschaftlichen Flächen Freiflächen- oder Agri-Photovoltaikanlagen realisieren wollten – nicht selten mit dem Versprechen üppiger in Aussicht gestellter Pachtzahlungen.
Aber was gilt es bei solchen Anlagen zu beachten? Wie hoch sind die Investitionskosten? Wie viel Arbeit machen die Anlagen, wenn sie erst einmal stehen? Und ist es am Ende für Landwirte wirklich ein lohnendes Geschäft? Mit der Tagung sollte ein Überblick über die wichtigsten Eckpunkte gegeben werden. Dabei ging es nicht nur um Freiflächen- und Agri-PV-Anlagen, sondern auch um Dachanlagen, von denen bald mehr und mehr aus der festen EEG-Vergütung herausfallen. Auch hier stellt sich die Frage, wie sinnvoll diese Anlagen dann noch sind.
Wie interessant sind neue Photovoltaik-Dachanlagen?
Anlagen, die sämtlichen Strom ins öffentliche Netz einspeisen, können sich im Einzelfall lohnen, erklärte Helmut Wahl, LWK-Berater für Energietechnik und Erneuerbare Energien und Hauptorganisator der Veranstaltung. Hat der Betrieb selbst einen hohen Stromverbrauch, ist es wirtschaftlicher, einen Teil des Stroms selbst zu verbrauchen. Unbedingt zu beachten sind Größengrenzen, beispielsweise im EEG. So entfällt ab 400 kWp bei negativen Strompreisen die EEG-Vergütung. Zudem sollten politische Entwicklungen beobachtet werden, hier soll es noch bis Jahresende Veränderungen geben. Stromspeicher rechnen sich derzeit nicht, könnten aber günstiger werden.
Eigenverbrauchsoptimierung und Einbindung von Bestandsanlagen
Ab 2025 läuft für immer mehr PV-Anlagen nach 20 Jahren die feste EEG-Vergütung aus, sagte Michael Kanne-Schludde, LWK-Berater für Energietechnik und Erneuerbare Energien. Die Betreiber stehen vor der Frage, wie sie mit diesen Anlagen umgehen sollen. Außerdem haben viele Betriebe mehrere Anlagen. Hier gilt es, Optimierungsmöglichkeiten auszuschöpfen indem beispielsweise die Betriebsart von Volleinspeisung auf Eigenverbrauch umgestellt wird; auch die Ergänzung um eine neue Anlage kann sinnvoll und wirtschaftlich sein, wobei zu beachten ist, das mit erhöhter Stromproduktion die Eigenverbrauchsquote abnimmt. Die Folge: Es muss mehr Strom zu einer geringen Vergütung eingespeist werden.
Wärmerzeugung aus Strom
Strom in Wärme umzuwandeln (Power to Heat), kann eine Option sein, wenn Stromüberschüsse nicht anders genutzt werden können oder die Vergütung niedrig ist. Die Wärme kann in Grenzen gespeichert werden. LWK-Energieberater Gerold Tammen wies aber darauf hin, dass die Wertigkeit des Stroms bei Umwandlung in Wärme abnimmt. Für einen lohnenswerten Einsatz müssen Wärmebedarf und sonnenreiche Monate nah beieinanderliegen. Das ist bei Einfamilienhäusern weniger der Fall als bei landwirtschaftlichen Betrieben mit z.B. Sauenhaltung und Ferkelaufzucht.
Stromspeicher für die Landwirtschaft
Es gibt verschiedene Arten von Batteriespeichern, die Prof. Dr. Matthias Puchta von der Hochschule Ostfalia vorstellte. Am ehesten dürften aber Lithium-Ionen-Speicher für landwirtschaftliche Betriebe interessant sein, da sie relativ günstig sind, über eine vergleichsweise lange Lebensdauer und eine hohe Leistungsdichte verfügen und hohe Wirkungsgrade aufweisen. An Batteriespeichern wird außerdem gerade intensiv geforscht und der Fortschritt ist beachtlich. Bei der Alterung der Batterien muss bedacht werden, dass sie nicht nur an Kapazität, sondern auch an Leistung verlieren.
Freiflächen- und Agri-PV – wo ist der Unterschied?
LWK-Berater Helmut Wahl gab eine Einführung in das Thema Freiflächen- und Agri-Photovoltaik. Bei Freiflächenanlagen wird die Fläche maximal mit Modulen belegt, um möglichst viel Strom zu produzieren. Bei Agri-PV-Anlagen steht nach DIN SPEC 91434 die landwirtschaftliche Nutzung der Fläche im Vordergrund. Dies muss im landwirtschaftlichen Nutzungskonzept nachgewiesen werden. Unterschieden wird hier auch zwischen Anlagen der Kategorie 1 und 2: Bei Kategorie-1-Anlagen findet die landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Flächen unter den Modulen, bei Kategorie-2-Anlagen zwischen den Modulreihen statt.
Freiflächen- und Agri-PV im Planungs- und Genehmigungsrecht
Für eine Freiflächen- oder Agri-PV-Anlage ist in der Regel ein Bebauungsplanverfahren notwendig. Die Landwirtschaftskammer wird an diesen Verfahren regelmäßig beteiligt, damit landwirtschaftliche Belange bei der Planung ausreichend berücksichtigt werden. Seit 2023 sind auch sogenannte privilegierte Agri-PV-Anlagen zulässig, die maximal 2,5 ha groß sind und ohne aufwendiges Bebauungsplanverfahren errichtet werden können. Allerdings gibt es eine Vielzahl von Voraussetzungen und viele Unklarheiten für die Genehmigungsbehörden, die es noch zu klären gilt wie LWK-Fachreferentin für Raumordnung und ländliche Entwicklung, Talke Heidkroß, erläuterte.
EEG-Förderung, Marktrisiken und Nutzungsverträge
Auf diverse Fallstricke ging Harald Wedemeyer vom Landvolk Niedersachsen ein. Eine EEG-Förderung von Freiflächen- und Agri-PV-Anlagen ist auf Moorböden beispielsweise nur mit Wiedervernässung möglich. Mit Umsetzung des Solarpakets ist für Agri-PV Anlagen unter bestimmten Voraussetzungen in der Ausschreibung (Anlagen ab 1 MW) ein Höchstgebotswert von 9,5 ct/kWh vorgesehen. Ab Anlagengrößen von 400 kWp droht zudem der Entfall der EEG-Vergütung bei negativen Börsenstrompreisen. Die gibt es inzwischen nicht nur am Wochenende, sondern teils auch wochentags. Derzeit arbeite das Wirtschaftsministerium an einer Änderung des Strommarktdesigns. Wichtig: Nutzungsverträge mit Projektierern sollten unbedingt durch einen Fachanwalt und einen Steuerberater geprüft werden.
Wirtschaftlichkeit von Freiflächen- und Agri-PV
Angesichts der aktuell erreichbaren EEG-Einspeisevergütungssätze ist ein wirtschaftlicher Betrieb von Freiflächen- und Agri-PV-Anlagen nur unter optimalen Ausgangsbedingungen möglich, wie LWK-Berater Michael Kanne-Schludde vorrechnete. Wegen der Vergütungsaussetzung bei negativen Strompreisen werden diese jedoch nicht erreicht. Eine Alternative können Verträge mit Stromabnehmern (PPAs) sein. Inwieweit diese eine ausreichende Planungssicherheit gewährleisten können, muss im Einzelfall geprüft werden.
Photovoltaik im Steuerrecht
Auf steuerliche Fallstricke bei Planung und Betrieb von Freiflächen- und Agri-PV-Anlagen ging Steuerberater Matthias Baumann ein. Insbesondere bei der Erbschaftssteuer können hohe Steuerlasten entstehen. Flächeneigentümer sollten daher bei der Gestaltung des Nutzungsvertrags einen Steuerberater hinzuziehen. Das gelte auch für Dach-PV-Anlagen. Hier sind Befreiungen von der Umsatz- und Einkommenssteuer möglich.
Carsten Warnecke, Landwirt aus Dedelstorf, betreibt seit 2023 eine 5,3-MWp-Freiflächen-Photovoltaikanlage. Von der ersten Planung bis zur Inbetriebnahme vergingen ca. vier Jahre. Er ist mit dem Betrieb der Anlage bisher sehr zufrieden, allerdings konnte er dank der frühen Planung direkt in der Energiekrise mit dem Bau starten und fand so gute Marktbedingungen für die Stromvermarktung über das EEG hinaus vor.
Berichte aus der Praxis – Agri-Photovoltaik
Kilian Henne, Landwirt aus Dassel-Deitersen, führt einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Bio-Hähnchenhaltung und plant im Auslauf des Hähnchenstalls eine Agri-PV Anlage mit 7 MWp. Die ersten Überlegungen gab es bereits im Dezember 2021, die Inbetriebnahme ist für 2026 geplant. Er sieht aber die aktuellen Bedingungen im EEG und die Marktbedingungen als sehr unsicher an. Im gesamten Planungs- und Genehmigungsverfahren musste Kilian Henne feststellen, dass Agri-PV für die beteiligten Behörden Neuland ist. Somit kommt es immer wieder zu Verzögerungen.
Noch viele offene Fragen
Im Photovoltaikbereich ist sehr viel in Bewegung und vieles nicht abschließend geklärt. Die Gestaltung des EEF und des Strommarktes bringt einige Risiken für Betreiber von Photovoltaikanlagen mit sich. Zudem ändern sich laufend die rechtlichen Vorgaben, sodass es kaum Planungssicherheit für Vorhabenträger gibt. Nichtsdestotrotz können PV-Anlagen unter bestimmten Umständen für Landwirte interessant sein. Sofern auf dem landwirtschaftlichen Betrieb viel Strom verbraucht wird, ist eine Dachanlage mit Eigenverbrauch interessant. Bei Freiflächen- und Agri-PV-Anlagen ist eine pauschale Aussage kaum möglich. Jedes Projekt muss gründlich geprüft und abgewogen und keinesfalls sollte voreilig ein Vertrag mit einem Projektierer unterzeichnet werden. Vor der Unterzeichnung sollten sich zwingend ein Fachanwalt und ein Steuerberater gründlich mit dem Vertrag befassen. Ob eine Anlage tatsächlich wirtschaftlich betrieben werden kann, hängt maßgeblich von der Stromvermarktung ab. Da speziell zum Thema Agri-PV viele rechtliche Änderungen noch nicht in Gänze ausgelegt sind und die Unsicherheiten bezüglich der Wirtschaftlichkeit groß sind, widmen Landvolk und Landwirtschaftskammer diesem Thema eine eigene Veranstaltung am 25. November 2024.