In den Gewächshäusern von Theiß Klingelhöfer reifen in den Sommermonaten prächtige Tomaten in allen Farben und Formen. Darunter finden sich auch Sondersorten, die geschmacklich besonders interessant sind – zu schade, um sie wegzuwerfen. Stattdessen gibt er sie in gute Hände.
Gemüselust, so heißt Klingelhöfers Betrieb, ist kein „klassischer“ Gemüsebaubetrieb. Er und sein Team produzieren Gemüsejungpflanzen für den Hobby-Bereich. Das Gemüse pflanzen sie hier als Mustersorten an. Dadurch entsteht – quasi nebenbei – Erntegut. Das sind im Wesentlichen Tomaten, aber auch Gurken, Paprika, Zucchini. An einem kleinen Stand auf dem Betriebsgelände verkauft Gemüselust die Ernte für Selbstabholerinnen und Selbstabholer.
Doch nicht immer verkaufen sie so viel, wie die Pflanzen an Ernte abgeben. „Es ist nicht zu steuern, wie die Tomate wächst und wie hoch die Erntemengen sind“, erklärt Bernd Wortmann. So entstehen immer wieder Übermengen. Wortmann ist Betriebsleiter an einem der zwei Standorte von Gemüselust. Das überschüssige Gemüse wegzuschmeißen, kommt für ihn nicht in Frage. Stattdessen spendet Gemüselust schon seit einigen Jahren Gemüse an den Dornberger Lebensmittelkorb. Hier erhalten Familien und Einzelpersonen mit geringem Einkommen gespendete Lebensmittel, Haushaltswaren und Kleidung.
„Wir können den Bedarf trotz Spenden nicht decken“
„Bevor wir die Tomaten auf den Kompost schmeißen, geben wir sie lieber an den Dornberger Lebensmittelkorb, wo sie Menschen zugutekommen, die sie brauchen“, erzählt Wortmann. Beim Dornberger Lebensmittelkorb stößt er damit auf offene Arme. Die Initiative ist angewiesen auf Spenden von lokalen Gemüsebauern und Supermärkten. Obwohl sich schon zahlreiche Betriebe beteiligen, kann der Dornberger Lebensmittelkorb den Bedarf nicht decken, erklärt Udo Altenhöner. Er ist einer von rund 60 Menschen, die beim Dornberger Lebensmittelkorb ehrenamtlich anpacken. Seit 20 Jahren ist der Dornberger Lebensmittelkorb ein wichtiger Anlaufpunkt für Menschen mit nachweislich geringem Einkommen im Bielefelder Nord-Westen. Altenhöner selbst steckt rund 15 Stunden Zeit pro Woche in sein Engagement für den Dornberger Lebensmittelkorb. Er weiß um die Bedeutung der Spenden von Gemüselust: „Die Nachfrage ist konstant, aber das Angebot hat sich verringert. Die Supermärkte kalkulieren unter anderem wegen gestiegener Personalkosten erheblich schärfer als früher, sodass weniger übrig bleibt. Viele Lebensmittel, die für den täglichen Gebrauch benötigt werden, wie etwa Zucker, Mehl oder Salz, müssen wir zukaufen. Umso dankbarer sind wir über die Spenden von Gemüselust.“
Auch Bernd Wortmann kann nur so viele Tomaten abgeben, wie er übrighat. Wetterbedingte Schwankungen machen sich besonders bemerkbar, da die Tomatenpflanzen keine Ertragssorten sind. Das Kaufverhalten der Kundinnen und Kunden lasse sich nicht bis ins letzte Detail planen. Durch seine Erfahrung kann er das aber mittlerweile gut vorhersagen: „Wir wissen ungefähr, wann die Erntehöhepunkte bei den Tomaten kommen. Und wir kennen das Kaufverhalten unserer Kundschaft, zum Beispiel wann sie in den Urlaub fahren. Daher können wir in der Regel eine Woche im Voraus sagen, ob wir Gemüse abgeben können.“
Die Palette an Lebensmitteln ist breit, der Dornberger Lebensmittelkorb ist fast wie ein kleiner Supermarkt, sagt Altenhöner. Es gebe kaum etwas, das nicht angeboten werde. Gemüse sei besonders gefragt und über die vielen Sorten von Tomaten freuen sich die Gäste ganz besonders, berichtet Altenhöner. „Mich motiviert die Überzeugung, dass den Leuten, die nicht so viel haben, geholfen werden muss und dass es ein Unding ist, dass so viele Lebensmittel verschwendet und weggeworfen sind. Es ist schön zu sehen, dass Betriebe wie Gemüselust gerne bereit sind, uns zu unterstützen. Über die vielen Sorten von Tomaten freuen sich unsere Gäste ganz besonders“, sagt er. Dank einer neuen Kühlzelle können er und seine Kolleg:innen vom Dornberger Lebensmittelkorb die Spenden auch mal zwischenlagern. Sorge vor Haftungsfragen müssen Gartenbaubetriebe im Gegensatz zu anderen Spender:innen nicht haben. Denn im Gegensatz zu abgepackten Lebensmitteln wie Konserven, benötigen Obst und Gemüse kein Mindesthaltbarkeitsdatum.
Gemüsebau ist bei seinem Betrieb Gemüselust kein Mode-Trend. Seit mehr als 100 Jahren hat die Familie Klingelhöfer Erfahrung im Gemüsebau. Gemüselust produziert neben Tomaten auch eine breite Palette an Kräutern sowie Gourmet-Gemüse und Freiland-Gemüse in Bioqualität. Neben dem Standort in Bielefeld betreibt Gemüselust auch einen Standort in Sonsbeck am Niederrhein.