Die anhaltende Krise im europäischen Obstanbau geht auch an der Obstbaumschulbranche nicht spurlos vorbei. „Viele Betriebe haben ihre Aktivitäten eingestellt oder deutlich reduziert“, sagt René Nicolaï von der Baumschule Alken gegenüber vilt.be.
Die sinkende Nachfrage nach neuen Bäumen und die steigenden Kosten brachten auch diesen Familienbetrieb in Bedrängnis. Dank einer Kapitalspritze von zwei niederländischen Kollegen erhält das Unternehmen nun eine neue Chance. Dabei verlagert sich der Schwerpunkt auf Clubsorten, von denen man sich höhere Gewinnspannen verspricht. Ein anderer flämischer Erzeuger suchte Zuflucht auf ausländischen Märkten.
Die Baumschule René Nicolaï, die auf eine über 100-jährige Geschichte zurückblicken kann, ist international bekannt. Das Unternehmen mit Sitz in Alken züchtet Apfel-, Birnen- und Kirschbäume, darunter auch Clubsorten. Diese Sorten werden für internationale Züchter gezüchtet, die für jeden verkauften Baum Lizenzgebühren erhalten. Während die Klubsorten hauptsächlich in Europa bleiben, gehen die freien Sorten in die ganze Welt.
Doch auch dieses etablierte Unternehmen hat in letzter Zeit Probleme bekommen. “Die vergangenen Jahre waren für den europäischen Obstbau besonders schwierig, was zu historisch niedrigen Preisen führte. Die Obstbauern zögerten daher, in neue Bäume zu investieren, was zu einem starken Rückgang der Preise für Obstbäume führte”, erklärt Geschäftsführer Florent Geerdens gegenüber VILT. „Gleichzeitig stiegen unsere Kosten, auch für das Personal.“
In den vergangenen Monaten beantragte das Unternehmen eine gerichtliche Umstrukturierung beim Handelsgericht Hasselt. Dieses gewährte einen Zahlungsaufschub bis zum 4. Juli und schützte René Nicolaï damit vorerst vor Gläubigern. In der Zwischenzeit sind zwei niederländische Baumschulen eingesprungen und unterstützen das Unternehmen sowohl finanziell als auch operativ.
„Die Baumschule René Nicolaï ist ein bekannter Name in der Branche, dessen Wissen und Erfahrung weit über Belgien hinaus geschätzt wird“, ließen die neuen Partner über flämische Medien verlauten. „Wir glauben an das Potenzial des Unternehmens und arbeiten an einem Reorganisationsplan, um die langfristige Kontinuität zu gewährleisten.“
Ein wichtiger Teil des Plans sei eine stärkere Konzentration auf Clubsorten, so Geerdens. “Jedes Jahr verkaufen wir zwischen 800.000 und 1 Mio Obstbäume, von denen etwas mehr als die Hälfte Clubsorten sind. Diesen Anteil wollen wir weiter ausbauen. Clubsorten bieten höhere Gewinnspannen als die freien Sorten, bei denen der Wettbewerb auch viel härter ist.”
Geerdens sieht auch Anzeichen für eine Erholung des Marktes. “Die Nachfrage zieht wieder an. In den vergangenen Jahren haben viele europäische Baumzüchter ihren Betrieb verkleinert oder sind in Konkurs gegangen.” Er sieht auch weiterhin Chancen für Clubsorten, mit denen sich die Einzelhändler in Bezug auf die Qualität differenzieren können. „Mit Sorten wie Magic Star, Red Modoc, Fred, Cosmic Crisp und der kürzlich eingeführten Goodness Me verfügen wir über ein starkes Portfolio.“ Auch die niederländischen Partner seien sich dessen bewusst, sagt er. “Sobald sich die Lage stabilisiert, können sie diese Sorten auch in ihrer Baumschule anbauen. Das ist eine Win-Win-Situation.”
Die Geschichte von René Nicolaï ist kein Einzelfall. Auch anderswo in Europa suchen die Erzeuger nach Möglichkeiten, sich an den schrumpfenden Markt anzupassen. Die Baumschule Johan Nicolai aus Sint-Truiden ist ein gutes Beispiel dafür. Trotz des ähnlichen Namens gibt es keine familiäre Verbindung zwischen den beiden Unternehmen.
„Heute gehen etwa siebzig Prozent unserer Produktion - etwa 1 Mio bis 1,2 Mio Bäume pro Jahr - in Länder außerhalb Europas“, sagt Laura Nicolai, eines der drei Kinder, die heute das Familienunternehmen leiten. „Nordafrika, Algerien, Marokko und Indien sind für uns besonders wichtige Märkte“. Vor allem in Indien sieht sie noch viel Wachstumspotenzial: „Der Apfel wird dort als Luxusprodukt angesehen, ähnlich wie bei uns die Mango.“
In Europa sieht die Situation dagegen deutlich düsterer aus. Der Apfelkonsum ist in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen, und die Konkurrenz aus Niedriglohnländern wie Polen macht den flämischen Erzeugern zu schaffen. Infolgedessen ist die Apfelanbaufläche in Flandern stark geschrumpft.
Laut Laura Nicolai ist es ungewiss, ob der Apfelanbau in Flandern noch eine Zukunft hat. “Ich befürchte, dass die Anbaufläche in den kommenden Jahren weiter zurückgehen wird. Viele Erzeuger stehen kurz vor der Pensionierung, und aufgrund der niedrigen Preise ist eine Nachfolge oft nicht möglich. Aber es gibt auch gut funktionierende Betriebe mit viel Potenzial, so dass die Apfelproduktion in unserer Region nicht ganz verschwinden wird.”