Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in zwei richtungsweisenden Urteilen über Musterverfahren des Brüsseler Pesticide Action Networks (Az. C-308/22, C-309/22, C-310/22) die Notwendigkeit des Umwelt- und Gesundheitsschutzes bei der Pflanzenschutzmittelzulassung bestärkt.
Hiermit wird die Argumentation in den Pflanzenschutzmittelklagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH), fachlich unterstützt von foodwatch, klar bestätigt, so die DUH.
In seinen Urteilen stelle der EuGH klar, dass in nationalen Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt werden müssen und eine umfassende Risikobewertung für das einzelne Produkt erforderlich sei. Dabei können nationale Behörden von der Risikobewertung des federführend prüfenden Mitgliedstaates abweichen. Die nationalen Gerichte und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hatten dies jahrelang verneint. Dadurch seien nun hochgiftige Pflanzenschutzmittel auf dem Markt, die bei Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher Daten nicht hätten zugelassen werden dürfen. In einem offenen Brief fordern DUH und foodwatch den BVL-Präsidenten Friedel Cramer auf, die Urteile umgehend umzusetzen.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: “Die beiden bahnbrechenden Urteile des Europäischen Gerichtshofs bestärken unseren bisherigen Einsatz gegen hochgiftige Pflanzenschutzmittel. Wir akzeptieren nicht, dass durch die Zulassung hochriskanter Pestizide mit veralteten Risikobewertungen die Gesundheit der Menschen und die Biodiversität gefährdet werden. Das nun für rechtswidrig erklärte Vorgehen bei der Pflanzenschutzmittelzulassung zeigt einmal mehr, dass wir an der richtigen Stelle ansetzen. Mit unseren Klagen gegen Glyphosat und andere Ackergifte gehen wir weiter gegen den enormen Einfluss der Agrochemieindustrie vor und sorgen dafür, dass gefährliche Pflanzengifte schnellstmöglich aus den Regalen und von den Äckern verschwinden.”
Annemarie Botzki, Campaignerin bei foodwatch: “Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit handelt unverantwortlich, indem es über Jahre hinweg giftige Pflanzenschutzmittel zugelassen hat, ohne die Gefahren genau zu prüfen. Diese Zulassungspraxis muss dringend geändert werden: Alle Pflanzenschutzmittel, die nicht umfassend nach den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen bewertet und geprüft wurden, gehören sofort vom Markt genommen. Darüber hinaus muss die deutsche Regierung eine kohärente und effektive Ausstiegsstrategie für Pflanzenschutzmittel entwickeln, mit dem Ziel, bis 2035 eine pestizidfreie Landwirtschaft in der EU zu erreichen.”