„Was wir brauchen, sind tatsächlich nachhaltige Ernährungssysteme. Digitalisierung kann dazu einen Beitrag leisten. Digitalisierung hilft auch bei der Vernetzung mit Ernährungsfachkräften, die uns bei der Erarbeitung unserer Ernährungsstrategie unterstützen“, sagte Dr. Ophelia Nick, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in ihrer Eröffnung des 6. BZfE-Forums am 1. September.
Damit nannte sie zwei große Chancen der Digitalisierung, die auf der Fachtagung des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) „Ernährung 4.0 – wie die Digitalisierung unser Essen beeinflusst“ am 1. September 2022 im Vordergrund standen. „Ernährung 4.0 meint dabei, dass heute alles miteinander vernetzt ist. Das ist so komplex, dass es für viele Menschen nur noch schwer zu durchschauen ist. Zugleich stecken in dieser Hypervernetzung großartige Möglichkeiten für eine zukunftsfähige Ernährung“, betonte Dr. Hanns-Christoph Eiden, Präsident der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). „So werden z.B. aus Konsumierenden Prosumierende, die ihre Versorgung mit Lebensmitteln sogar selbst in die Hand nehmen können, bspw. über Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften. Dr. Margareta Büning-Fesel, Leiterin des BZfE, ergänzte: „Wir haben den Fokus bewusst auf diese Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung für eine gesundheitsförderliche und nachhaltige Ernährung gelegt. Und wir möchten die Ernährungsfachwelt dazu motivieren, mitzureden und zu gestalten, anstatt sich von den Entwicklungen überrollen zu lassen.“
Diese digitalen Entwicklungen finden auf allen Ebenen der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Lebensmitteln sowie im Gesundheitsbereich statt. Sie haben einer „New Food Economy“ den Weg bereitet: Erfolgreiche Start-Ups, die sich mit Innovationen wie pflanzlichen Milchalternativen oder personalisierten Dienstleistungen an den Bedürfnissen junger Verbraucherinnen und Verbraucher orientieren und wichtige Trends bedienen. Sie haben auch die Küchen der privaten Haushalte erreicht. Diese sind längst digital und vernetzt, ohne dass es dort nach Science Fiction aussehen muss. Menschen agieren bereits heute als „Cyborg Cooks“, einer Kombination aus Mensch mit Maschine, die sich beim Planen, Einkaufen oder Zubereiten vom Smartphone oder digitalen Küchenrobotern helfen lassen. Hier liegen die Chancen z.B. darin, fehlende Kochkompetenzen zu vermitteln oder mehr Männer in die Küche zu locken. Große Möglichkeiten eröffnen auch die Sozialen Medien und Digitale Gesundheitsanwendungen.
In Zentrum dieser Digitalisierung stehen riesige Datenmengen als neuer Treibstoff, auch mit Blick auf Lebensmittel und Ernährung. „Dank ‘Big Food Data‘ wissen wir heute viel mehr über unsere Lebensmittel und das Konsumverhalten, aber wir müssen dringend darüber sprechen, wo diese Daten landen“, so Büning-Fesel. Tatsächlich findet gerade ein Übergang vom Internet der Dinge zum Internet der Körper statt, es werden also immer sensiblere Daten gesammelt. Was damit passiert und wie diese Daten interpretiert werden, verantworten jedoch keine Aliens, sondern Menschen. „Hier muss die Ernährungsfachwelt einen Einblick in die Algorithmen erhalten und aktiv werden, um z.B. vor unsinnigen Empfehlungen schützen zu können“, appellierte Büning-Fesel an Organisationen und die Politik.